Nachdem das Land lange Zeit zu den Netto-Importeuren gezählt hatte, verkauft die Türkei diesen Rohstoff inzwischen in grossen Mengen ins Ausland. «Ich kann sagen, dass dies keine einmalige Sache war und die Türkei in den kommenden Jahren ein nachhaltiger Exporteur von Hartweizen bleiben wird», sagt Aykut Göymen, der Chef des Verbandes der türkischen Nudel-Hersteller.

In der bis Juni laufenden Saison 2023/2024 hat die Türkei bislang 1,5 Millionen Tonnen Hartweizen exportiert und ist damit zum weltweit zweitgrössten Lieferanten aufgestiegen. Dies federte Angebotsausfälle des Top-Exporteurs Kanada ab, der unter der zweiten Dürre in drei Jahren leidet. Grund für den Boom in der Türkei ist ein Anstieg der staatlichen Einkaufspreise um 30 Prozent für Hartweizen, das machte den Anbau für türkische Bauern attraktiver. Gleichzeitig steigerte der Ausbau von Bewässerungsanlagen die Erträge. Die anhaltende Schwäche der türkischen Lira verbesserte die Wettbewerbsfähigkeit türkischen Hartweizens zusätzlich.

Italienische Pasta-Produzenten atmen auf

Die türkischen Lieferungen waren zusammen mit denen aus Russland und Kasachstan ein Segen für die italienischen Importeure. «Nudelhersteller kaufen Hartweizen aus der Türkei, weil er uns zu wettbewerbsfähigen Preisen angeboten wird», sagt Vincenzo Divella, Co-Chef des gleichnamigen italienischen Pasta-Produzenten. Das Angebot aus Kanada sei knapp gewesen und die heimische Ernte wegen Wetterkapriolen «katastrophal» ausgefallen.

Die Zukunft?

Die Türkei ist quasi aus dem Stand zum wichtigsten Hartweizen-Lieferanten der Europäischen Union (EU) aufgestiegen. Ihre Bedeutung werde in den kommenden Jahren noch zunehmen, da russische Importe mit geplanten Strafzöllen zurückgedrängt werden sollen, sagt Analystin Severine Omnes-Maisons vom Research-Haus Strategie Grains. Russland liefert in der aktuellen Saison ein Fünftel der EU-Importe.

Auswirkungen des Ukrainekrieges

Gleichzeitig muss wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine mit Ernteausfällen in diesem wichtigen Exportland gerechnet werden. In Südeuropa und Nordafrika setzt zunehmende Trockenheit den Pflanzen zu. Marokkos Hartweizen-Ernte wird in diesem Jahr voraussichtlich um die Hälfte einbrechen. In Frankreich drohen wegen sintflutartiger Regenfälle die schlechtesten Erträge seit der Jahrtausendwende.

Einige Experten warnen allerdings vor überzogenen Erwartungen an künftige türkische Lieferungen. Einerseits bedrohten Wetter-Extreme auch die dortigen Anbaugebiete. Gleichzeitig werde das Angebot von der Regierung streng reguliert. So hatte die staatliche Getreideagentur TMO vor einigen Wochen den geplanten Verkauf von 150.000 Tonnen Hartweizen kurzfristig abgeblasen. «In dieser Saison hangeln wir uns mit der Türkei von Tag zu Tag», sagt ein europäischer Rohstoff-Händler. «Es bleibt ein sehr politischer Prozess.»

(Reuters)