Viele Arbeitnehmer können sich freuen. 2024 war ein gutes Anlagejahr für die Schweizer Pensionskassen. Gemäss dem Finanzdienstleister Complementa haben Schweizer Vorsorgeeinrichtungen im vergangenen Jahr im Durchschnitt eine Anlagerendite von 7,5 Prozent erwirtschaftet. Mit dem starken Ergebnis haben sich auch die Reserven weiter verbessert. Der kapitalgewichtete Deckungsgrad stieg von 107,6 Prozent auf 112,2 Prozent.
Die hohen Kapitalerträge und der gute Deckungsgrad haben die Pensionskassen veranlasst, das Altersguthaben im vergangenen Jahr im Durchschnitt mit 3,9 Prozent zu verzinsen – fast doppelt so viel wie im Schnitt der vergangenen 20 Jahre.
Doch nicht alle Destinatäre - so nennt man im Stiftungsrecht die Begünstigten - profitieren gleich. Schweizer Vorsorgeeinrichtungen zeigen erhebliche Unterschiede punkto Anlagerendite und Verzinsung des Vorsorgekapitals. Bei einer Erwerbstätigkeit von über 30 Jahren haben auch scheinbar kleine Unterschiede einen erheblichen Einfluss auf die zukünftige Rente oder das Vorsorgekapital - bei gewissen Arbeitnehmer besteht Handlungsbedarf.
Performance und Verzinsung - die Unterschiede sind frappant
Die eindrücklichsten Unterschiede zwischen den Pensionskassen zeigen sich in der Anlageperformance. Laut dem Pensionskassenvergleich 2025 des Schweizer Pensionskassen Ratings betrug die höchste Rendite im letzten Jahr etwas über 10 Prozent, während die niedrigste bei etwa 5,3 Prozent lag.
Auch im Mehrjahresvergleich gibt es markante Differenzen. Die beste fünfjährige Performance liegt bei 4,5 Prozent, die tiefste bei etwas unter 1,7 Prozent. Auf kurze Sicht scheint dies wenig spektakulär. Wird dies jedoch auf 30 Jahre hochgerechnet, führen solche wiederholten Renditeunterschiede zu fundamental unterschiedlichen Vorsorgekapitalien.
Rechnungsbeispiel
Bei monatlichen Beiträgen von 300 Franken über 30 Jahre ergibt sich bei einer Verzinsung von 1,7 Prozent pro Jahr ein Endkapital von 140’800 Franken. Werden dieselben Beiträge hingegen mit 4,5 Prozent verzinst, stehen dem Destinatär am Ende 227’800 Franken zur Verfügung.
Im ersten Fall liegt der Mehrwert gegenüber den Einzahlungen von insgesamt 108’000 Franken bei 30 Prozent - im zweiten Fall bei über 110 Prozent. Je länger die Dauer bis zum Bezug der Rente oder des Vorsorgekapitals, desto grösser der Einfluss des Zinseszinseffekts.
Der gleiche Effekt gilt für die Verzinsung des Altersguthaben. Gemäss dem Pensionskassenvergleich des Schweizer Pensionskassen Ratings, das die Kennzahlen von rund 40 Vorsorgeeinrichtungen aufführt, liegen die Verzinsungen zwischen 1,07 Prozent und 4,5 Prozent pro Jahr in den vergangenen fünf Jahren. Auf 30 Jahre gesehen entspricht diese Differenz einem kleinen Vermögen.
Wie die eigene Pensionskasse im Vergleich zu diesen Orientierungswerten abschneidet, kann üblicherweise dem Jahresbericht oder der Website der Vorsorgeeinrichtung entnommen werden. Dabei gilt es zwei Dinge zu beachten: Erstens ist die Ertragsfähigkeit von der Risikotragfähigkeit der Pensionskasse abhängig. Zweitens besteht bei sehr tiefen Durchschnittswerten der Verzinsung Handlungsbedarf.
Der Zusammenhang von Risiko, Ertrag und Altersstruktur
Pensionskassen orientieren das Anlageportfolio an den Leistungsverpflichtungen der gegenwärtigen und zukünftigen Pensionäre. Je grösser der Anteil älterer Personen beziehungsweise Versicherten, desto restriktiver wird das Anlagevermögen angelegt.
Anders ausgedrückt: Je älter die Versicherten, desto kleiner die Risikotragfähigkeit – und desto tiefer die potenzielle Rendite. Anlageklassen mit geringen Risiken wie zum Beispiel Schweizer Staatsanleihen werfen üblicherweise tiefere Erträge ab als die risikoreicheren Alternativen wie Aktien oder Private Equity. Dieses Korsett wiederum zwingt die Pensionskasse dazu, das Altersguthaben mit tieferen Sätzen zu verzinsen.
Ein Beispiel zweier nicht namentlich genannter Schweizer Pensionskassen verdeutlicht die Problematik: Vorsorgeeinrichtung «A» hat ein Verhältnis von Aktiv-Versichterten und Rentnern von rund 1:1, Pensionskasse «B» hingegen eines von knapp 12:1. «B» zählt aufgrund der Branchenzugehörigkeit zudem viele junge Versicherte - über 14 Prozent sind unter 25 Jahre alt. Bei «A» beträgt das Durchschnittsalter 43 respektive 40 Jahre für Männer und Frauen. Nur wenige sind jünger als 25 Jahre.
Diese Struktur zwingt «A» in risikoärmere Anlageklassen zu investieren. Laut der jüngsten Bilanz bestand das Anlagevermögen von A aus knapp 41 Prozent Schweizer-Franken-Obligationen. Die Quoten für Aktien, Immobilien und alternative Anlagen betrugen 18,5 Prozent, 23,5 Prozent und 7,3 Prozent.
«B» investiert dagegen nur 6 Prozent in Franken-Obligationen. 26 Prozent werden in Aktien, 20 Prozent in Immobilien und 26 Prozent in alternativen Anlagen angelegt - die restlichen Anlagen werden ebenfalls in Anlageklassen mit höheren Risikoprämien und höheren Durchschnittserträgen als Franken Obligationen angelegt.
Seit 2015 verzinste «A» die Altersguthaben mit durchschnittlich 1,54 Prozent, «B» mit 2,04 Prozent. Die Performancedifferenzen sind in jüngster Zeit zwar klein, doch «A» altert weiter. Pensionskasse A kann sich deshalb nicht leisten, die neuesten sehr guten Anlageerträge durch eine hohe Verzinsungen der Altersguthaben an die aktiv Versicherten weiterzugeben. Gleichzeitig steigt der Anteil der tief und zeitweise negativ rentierenden Schweizer Franken Obligationen seit Jahren und verengt das Korsett weiter.
Tiefe Verzinsung führt zu langfristigen Problemen
Besonders für junge Arbeitnehmer kann eine solche Vorsorgeeinrichtung zum Problem werden: Enges Anlagekorsett, tiefe Verzinsungen und seit Jahren sinkende Umwanglungssätze können das bei der Pensionierung verfügbare Vorsorgevermögen erheblich schmälern.
Wird der Kaufkraftverlust der nächsten 30 Jahre einbezogen, droht ein spürbarer Wohlstandsverlust im Alter. Besonders Versicherte mit tief verzinsten Altersguthaben in der Nähe von 1 Prozent haben Handlungsbedarf.
Offizielle Inflationsrechnungen liegen zwar seit Jahren nahe bei null, doch kaum jemand dürften diesem zugrunde liegenden Warenkorb entsprechen. Zudem werden bei der Inflationsberechnung wichtige Kostenpunkte für Schweizerinnen und Schweizer wie die obligatorische Krankenversicherung ausgeklammert. Zu Recht oder zu Unrecht, spielt dabei keine Rolle: Die Verzinsung bei risikoarmen Pensionskassen dürfte deshalb wohl unter dem realen Kaufkraftverlust liegen.
Was kann dagegen unternommen werden? Naheliegend ist das Sparen mit der Säule 3a: Ebenfalls steuerabzugsfähig und gebunden bis zur Pensionierung kann - je nach Anbieter - von einer Palette an Anlageoptionen und -strategien ausgewählt werden. Besonders für Arbeitnehmer bei einer Pensionskasse mit hohem Obligationenanteil könnten 3a-Produkte mit Fokus auf Aktien und einem deutlich höheren Anlagerisiko den gewollten Ausgleich bringen.
Die Säule 3b wiederum bietet Flexibilität. Das Vorsorgevermögen kann jederzeit vor der Pensionierung in Anspruch genommen werden - es ist jedoch nicht steuerabzugsfähig. Von 3b-Produkten, die eine Spar- mit einer Versicherungskomponente kombinieren, sollte abgesehen werden. Sie sind vielfach zu teuer und unflexibel. Zudem besteht in solchen Produkten das sogenannte Rückkaufverlust-Risiko. Das Sparen sollte separat, beispielsweise anhand eines Anlagevehikels wie einem ETF, vorgenommen werden. Bei dauerhaft tiefen Zinsen ist Cash auf lange Sicht keine gute Anlage.
Wer keine 3a- oder 3b-Lösung in Anspruch nehmen will oder dies bereits macht, dem dürfte ein ETF-Sparplan helfen. Wichtig ist die Überweisung der monatlichen Beitragsraten - analog des Pensionskassenbeitrags - und die konsequente Umsetzung der zuvor festgelegten Strategie. Aktiver Handel ist zu vermeiden. Je tiefer die Kosten, Depotgebühren und Kommissionen, desto besser. Auf lange Sicht können sie die Nettorendite deutlich belasten.
3 Kommentare
Ein Peer-to-Peer Vergleich wäre hierbei sehr interessant gewesen und könnte dem einen oder dem anderen helfen.
Schön, weshalb wird das angehäufte Kapital der in Rente gegangenen nicht weiter verzinst? Die zwar abnehmenden Kapitalerträge gehörten doch den in Rente geganenen? Da liegen Hunderttausende bei der Institution und die Erträge...
Das Beispiel ist super. Wurde die Inflation und Geldmengenausweitng absichtlich nicht eingerechnet? Das (reelle) Resultat wäre verheerend.