Die weltweit erfolgreichste Aktie entwickelt sich zu einem warnenden Beispiel für Anleger, die auf überhöhte Renditen im Zuge des Booms um Künstliche Intelligenz (KI) spekulieren.
RRP Semiconductor, bis vor Kurzem selbst auf dem Heimatmarkt Indien kaum bekannt, wurde zum Social-Media-Hype, nachdem ihre Aktien in den 20 Monaten bis Mitte Dezember um mehr als 55'000 Prozent gestiegen waren - der mit Abstand grösste Kursgewinn weltweit unter Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von über einer Milliarde US-Dollar.
Trotz negativer Umsätze im jüngsten Geschäftsbericht, lediglich zwei Vollzeitbeschäftigten laut letztem Jahresbericht und einer nur schwachen Verbindung zum Halbleiterboom, sorgte eine Mischung aus Online-Hype, einem geringen Streubesitz und der wachsenden Zahl indischer Privatanleger für 149 aufeinanderfolgende Kursanstiege. Und dies, obwohl Börsenvertreter und das Unternehmen selbst die Anleger warnten.
Die Rallye zeigt nun erste Anzeichen von Schwäche - und die Aufsichtsbehörden nehmen die Sache genauer unter die Lupe. Die indische Wertpapier- und Börsenaufsichtsbehörde (SEBI) hat laut einer mit dem Vorgang vertrauten Person Ermittlungen zum Kursanstieg der RRP-Aktien eingeleitet. Der Anlass: mögliche Unregelmässigkeiten.
Die Aktie, deren Wert 1,7 Milliarden US-Dollar beträgt und deren Handel an der Börse kürzlich auf einmal wöchentlich beschränkt wurde, ist seit ihrem Höchststand von Anfang November um 6 Prozent gefallen.
Auch wenn die Entwicklung von RRP wahrscheinlich keinen grossen Einfluss auf den breiteren KI-Boom hat, der globalen Schwergewichten wie Nvidia Billionen von Dollar an Wertzuwachs beschert hat, verdeutlicht sie doch, wie extrem die Kursgewinne in einzelnen Marktsegmenten ausgefallen sind. Dies insbesondere in Indien, wo das Fehlen börsennotierter Chiphersteller Privatanleger dazu veranlasst hat, nach jeder Möglichkeit zu suchen, am globalen Boom teilzuhaben.
Für einige Beobachter unterstreicht der Fall auch die Herausforderung für Regulierungsbehörden, die Privatanleger vor spekulativen Exzessen schützen wollen.
«Halbleiteraktien sind derzeit sehr gefragt, und angesichts des begrenzten Aktienangebots in Indien sind Anleger bereit, nahezu jedes Unternehmen zu kaufen», sagte Sonam Srivastava, Gründer von Wryght Research & Capital.
Angesichts der weltweiten Besorgnis um die Bewertungen von KI-Unternehmen deuten Fälle wie RRP darauf hin, dass Investoren keinen überstürzten Einstieg in diese Aktien ins Auge fassen müssen.
Auch Warnungen zu anderen asiatischen Unternehmen
Asiatische Börsen und Chiphersteller warnen Anleger vor den Risiken von spekulativen KI-Investitionen. In Shanghai brachen die Aktien von Moore Threads Technology, einem neu börsennotierten KI-Chip-Startup, Mitte. Dezember um 13 Prozent ein, nachdem das Unternehmen auf Handelsrisiken hingewiesen hatte. Dies geschah trotz eines Kursanstiegs von über 500 Prozent seit dem Börsendebüt Anfang des Monats.
In Südkorea fielen die Aktien von SK Hynix, nachdem die koreanische Börse am 11. Dezember eine Risikowarnung herausgegeben hatte. Zuvor hatten sich die Aktien bis 2025 mehr als verdreifacht.
Ein Sprecher der Börse BSE, an der RRP notiert ist, erklärte, alle Überwachungsmassnahmen im Zusammenhang mit der Aktie seien über Börsenmitteilungen bekanntgegeben worden. RRP Electronics, im Besitz von Rajendra Chodankar, dem Gründer der RRP Group, wollte unter Verweis auf ein laufendes Gerichtsverfahren die Fragen von Bloomberg zum Kursanstieg und den regulatorischen Massnahmen nicht beantworten.
Die Transformation von RRP begann Anfang 2024, als Chodankar - dessen Hintergrund das Angebot von Nischenprodukten wie Wärmebildsystemen und Waffendrohnenkameras umfasst – einen Vertrag zur Übernahme von G D Trading and Agencies abschloss. Er tat dies, indem er ein Darlehen in Höhe von 80 Millionen Rupien, das er den Gründern schuldete, gegen Anteile zurückzahlte.
Im April genehmigte der Vorstand den Verkauf von Aktien an ihn und einige andere zu je 12 Rupien - dieser Preis lag 40 Prozent unter dem Marktpreis. Dadurch erwarb Chodankar 74,5 Prozent der Anteile, während der Anteil der Gründer auf unter 2 Prozent sank. Das Unternehmen beschloss ausserdem, sich in RRP Semiconductor umzubenennen.
Zwei Monate zuvor hatte Chodankar die Firma RRP Electronics gegründet, um in Maharashtra eine ausgelagerte Halbleitermontage- und Testanlage aufzubauen – eine Verbindung, die möglicherweise dazu beigetragen hat, das Narrativ rund um das börsennotierte Unternehmen und sein privates Unternehmen zu befeuern.
(Bloomberg/cash)
