Der am Mittwoch veröffentlichte 339 Seiten starke Bundesratsbericht zur Bankenstabilität enthält eine Fülle von Vorschlägen, um nach dem Zusammenbruch der Credit Suisse ein weiteres Grossbanken-Debakel zu verhindern. Doch einschneidende Eingriffe bleiben der UBS wohl erspart. 

Entsprechend sehen Analysten keine Anzeichen, dass der Vermögensverwalter beim Geschäftsmodell oder den milliardenschweren Ausschüttungen an die Aktionäre ernsthaft über die Bücher gehen muss. Wie gross die Risiken des von Kritikern als «Monsterbank» bezeichneten Instituts für das kleine Land langfristig sein werden, steht auf einem anderen Blatt. «Zwischen den Zeilen lese ich: `Drücken wir die Daumen und hoffen wir, dass mit der UBS nichts passiert`», erklärt der Berner Jura-Professor Peter V. Kunz.

Innerhalb von nur rund 15 Jahren mussten beide Grossbanken jeweils mit einer staatlich konzertierten Aktion vor einem unkontrollierten Kollaps gerettet werden. Die Lehren aus der Finanzkrise, die die UBS 2008 an den Rand des Abgrunds brachte, erwiesen sich in den Turbulenzen von März 2023 als ungenügend, sodass der Staat auch im Fall der Credit Suisse einschreiten musste. Als Reaktion beugten sich die Beamten in den vergangenen Monaten über das sogenannte «Too Big To Fail»-Regelwerk (TBTF), um den Finanzplatz sicherer zu machen. Herausgekommen sind 22 Empfehlungen wie eine leichte Aufpolsterung der Bilanz, eine verbesserte Liquiditätsversorgung und Massnahmen gegen Managementversagen und Boni-Exzesse.

Spürbar ist für die UBS dabei vor allem ein Vorschlag: Die bessere Ausstattung der ausländischen Tochtergesellschaften mit Eigenmitteln. «Die Massnahme klingt technisch und harmlos, aber sie hat einen gewissen Biss», erklärt Wirtschaftsprofessor Aymo Brunetti, der in seiner Zeit als Spitzenbeamter einer der Väter der bisherigen TBTF-Regeln war. «Die Banken haben zehn Jahre für Erleichterungen in diesem Bereich gekämpft. Das zeigt, dass es um relativ viel Kapital geht.»

Das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) legte dazu wie auch zu den meisten anderen heiklen Punkten des Pakets zwar keine Zahlen vor. Nach Einschätzung eines Experten könnte dies für die UBS aber zu einem Kapitalbedarf im höheren einstelligen oder höchstens tiefen zweistelligen Milliarden-Bereich führen. Das ist zwar viel Geld, aber für eine Bank, der Analysten 2025 einen Gewinn von sieben Milliarden Dollar zutrauen, über die Jahre gut verkraftbar.

Gemessen an früheren Forderungen kommt die UBS damit gut weg. Im vergangenen Jahr hatten sich Parlaments-Abgeordnete mehrheitlich dafür ausgesprochen, die Eigenkapital-Vorgaben soweit hochzuschrauben, dass die UBS wohl deutlich über 100 Milliarden Dollar hätte aufbringen müssen. Nicht nur fallen die Vorschläge der Regierung nun sehr viel moderater aus. EFD-Vorsteherin Karin Keller-Sutter deutete zudem Erleichterungen bei der Kapitalausstattung im Ausland an, falls die Risiken zurückgefahren werden. «Wie hoch ihr zusätzlicher Eigenmittelbedarf ausfällt, hängt letztlich davon ab, wie sie sich für die Zukunft aufstellt», erklärte Keller-Sutter am Mittwoch.

«Mutige Wette»

Während sich die bürgerlichen Parteien, die im Parlament die Mehrheit haben, vorsichtig positiv äusserten, fielen die Vorschläge bei den Sozialdemokraten durch. «Gerade der Verzicht auf schärfere Eigenkapitalkriterien ist absolut fahrlässig und verhöhnt die Steuerzahlenden, die bei der nächsten Krise für das hohe Risiko geradestehen müssen», erklärte Co-Präsident Cedric Wermuth.

Adriel Jost von der Universität Luzern erklärt, dass die Aktionäre mit insgesamt leicht verschärften Eigenkapital-Vorschriften einen etwas grösseren Teil der Verlustrisiken übernehmen müssten. Aber ein zukünftiger Notfall dürfte vor allem den Staat teuer zu stehen kommen. «Dass eine leicht verstärkte Aufsicht im Vorfeld daran etwas ändern kann, ist eine mutige Wette.»

Die Vorschläge der Regierung sind alles andere als in Stein gemeisselt. Bis sie in Kraft treten, dürften mindestens zwei Jahre vergehen. Dazwischen stehen viele Schritte des politischen Prozesses, bei denen die UBS auf eine Verwässerung der Vorgaben hinarbeiten kann. «Die `UBS-Lobby` wird mit Hochdruck daran arbeiten, strenge Regeln zu verhindern», erklärt Kunz. Die UBS wollte sich zwar nicht zu den Reformvorschlägen äussern. Doch einer mit der Situation vertrauten Person zufolge machte sich angesichts der sanften Empfehlungen und dem Potenzial von weiteren Abschwächungen am UBS-Hauptsitz an der Bahnhofstrasse in Zürich Erleichterung breit.

(Reuters/cash)