An einer Ausweitung des Krieges mit der Ukraine auf andere Länder wie Polen oder Litauen sei sein Land aber nicht interessiert, sagte Putin in einem am Donnerstag (Ortszeit) veröffentlichten Interview mit dem umstrittenen US-Moderator Tucker Carlson. «Wäre es nicht besser, mit Russland zu verhandeln? Erzielt eine Einigung. Man muss die Situation, die sich entwickelt, verstehen und begreifen, dass Russland bis zum Ende für seine Interessen kämpfen wird», so Putin.

Auf die Ukraine angesprochen, beschwerte sich der russische Präsident darüber, dass das Land bei den Gesprächen in Istanbul im April 2022 kurz vor einer Einigung über die Beendigung der Feindseligkeiten gestanden und dann aber einen Rückzieher gemacht habe.

«Nun sollen sie sich überlegen, wie sie die Situation umkehren können», sagte er. «Wir sind nicht dagegen. (...) Diese endlose Mobilisierung in der Ukraine, die Hysterie, die innenpolitischen Probleme, früher oder später wird es zu einer Einigung kommen», fügte Putin hinzu.

In dem Interview sprach der russische Präsident auch über eine mögliche Freilassung des in Russland wegen Spionage angeklagten Reporters des «Wall Street Journal», Evan Gershkovich. «Wir sind bereit, das Problem zu lösen, aber es gibt bestimmte Bedingungen, die zwischen den Geheimdiensten diskutiert werden. Ich glaube, dass eine Einigung erzielt werden kann», sagte Putin zu Carlson.

Der russische Präsident schlug indirekt vor, dass Moskau sich im Gegenzug die Freilassung des Russen Wadim Krasikow vorstellen könne, der 2021 in Berlin wegen Mordes an einem Georgier zu lebenslanger Haft verurteilt worden war. Der russische Präsident erwähnte Krasikow nicht namentlich, sondern sprach von einer Person, die «aus patriotischen Gefühlen heraus einen Banditen in einer der europäischen Hauptstädte beseitigt hat».

Das Gericht in Berlin sah es damals als erwiesen an, dass die russische Regierung hinter der Tat steckte. Dem Urteil zufolge hatte Krasikow im August 2019 Tornike Changoschwili mitten im Kleinen Tiergarten in Berlin am helllichten Tag erschossen. «Spätestens im Juni 2019 fassten staatliche Stellen der Zentralregierung der russischen Föderation den Entschluss, Tornike Changoschwili in Berlin zu liquidieren», sagte Richter Olaf Arnoldi im Dezember 2021.

Changoschwili war von russischen Behörden als Terrorist eingestuft worden. Er soll im Tschetschenienkrieg gegen Russland gekämpft haben. Wladimir Putin bezeichnete ihn 2019 als «verdammten Terroristen» und beschuldigte ihn mehrerer Verbrechen, darunter ein Bombenanschlag auf die Moskauer U-Bahn im Jahr 2004, bei dem zehn Menschen starben.

Tucker bei Fox News entlassen

Der US-Moderator Tucker Carlson durfte Putin für zwei Stunden Interviewen. Das Gespräch wurde am Dienstag in Moskau aufgezeichnet und am Donnerstag (Ortszeit) auf der Website des Moderators veröffentlicht. Ausländischen Journalisten hatte der russische Präsident schon länger keine Interviews mehr gegeben.

Der Kreml erklärte, Putin habe dem Carlson-Interview zugestimmt, weil sich der Ansatz des Moderators, der bei Fox News entlassen worden war, von der einseitigen Berichterstattung vieler westlicher Nachrichtensender über den Ukraine-Konflikt unterscheide. Das Gespräch gilt als das erstes offizielles Interview mit einem US-Journalisten seit drei Jahren. Zuletzt wurde Putin im Oktober 2021 von Hadley Gamble von CNBC offiziell interviewt.

Carlson selbst gilt als umstritten, weil er sich unter anderem zuvor kritisch über die Berichterstattung westlicher Medien in Bezug auf den Krieg in der Ukraine geäussert hat und der Meinung ist, diese Medien würden zugunsten Kiews berichten. Ihm wird ausserdem eine enge Verbindung mit dem ehemaligen Präsidenten Donald Trump nachgesagt, der bei den US-Präsidentschaftswahlen im November möglicherweise wieder als Kandidat der Republikanischen Partei antreten wird.

Trump fordert eine Deeskalation des Krieges und steht den bisher gezahlten Hilfen der USA an die Ukraine in Milliardenhöhe ablehnend gegenüber.

(Reuters)