Einen Tag nach den direkten russisch-ukrainischen Verhandlungen hat der Vize-Vorsitzende des russischen Sicherheitsrats, Dmitri Medwedew, Zugeständnisse nahezu ausgeschlossen. «Bei den Istanbuler Gesprächen geht es nicht darum, einen Kompromissfrieden zu den wahnwitzigen Bedingungen eines anderen zu schliessen, sondern darum, unseren schnellen Sieg und die vollständige Zerstörung des Neonazi-Regimes sicherzustellen», schrieb der Vertraute von Präsident Wladimir Putin am Dienstag im Kurznachrichtendienst Telegram mit Blick auf die Regierung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Gleichzeitig kündigte er Rache für Drohnenangriffe auf Luftwaffenstützpunkte tief im russischen Inland an. Unterdessen landeten hochrangige Vertreter der ukrainischen Regierung in Washington, um die US-Regierung über den Stand der Dinge zu informieren.

In Moskau dämpfte auch Kremlsprecher Dmitri Peskow Erwartungen, die Verhandlungen würden bald zu Ergebnissen führen. Die Beilegung des Streits sei ausserordentlich komplex. Die Arbeit an einer möglichen Einigung werde aber fortgesetzt. Ein persönliches Gespräch zwischen Putin, dem US-Präsidenten Donald Trump und Selenskyj in naher Zukunft sei unwahrscheinlich.

Medwedew verwies auf einen in Istanbul der ukrainischen Seite übergebenen Forderungskatalog, in dem Russland unter anderem auf die Annexion ukrainischen Territoriums, die Verkleinerung der Armee, die Einführung von Russisch als Amtssprache und die Verpflichtung zur Neutralität beharrt. «Darum geht es in dem gestern veröffentlichten russischen Memorandum», schrieb Medwedew. Bei den nur einstündigen Gesprächen einigten sich beide Seiten auf einen neuen Austausch von Kriegsgefangenen und die Übergabe der Leichen von 12'000 Soldaten. Wichtigstes Ziel der Verhandlungen war eigentlich eine Feuerpause.

Mit Blick auf den spektakulären Angriff auf russische Langstreckenbomber Tausende Kilometer von der ukrainischen Landesgrenze entfernt kündigte Medwedew an: «Vergeltung ist unvermeidlich.» Die russische Regierung teilte am Dienstag mit, Putin sein in Echtzeit über die Angriffe informiert worden. Eine Untersuchung sei eingeleitet worden.

Die russische Armee werde weiter vorrücken, kündigte Medwedew an. «Alles, was in die Luft gesprengt werden muss, wird in die Luft gesprengt werden, und diejenigen, die eliminiert werden müssen, werden eliminiert werden.» Das russische Verteidigungsministerium meldete, in der Region Sumy sei der Ort Andrijiwka eingenommen worden.

In den USA wollten sich der Leiter des ukrainischen Präsidialamts, Andrij Jermak, und die stellvertretende Ministerpräsidentin Julia Swyrydenko um die Hilfe der Amerikaner bemühen. «Wir planen Gespräche über Verteidigungshilfe und die Lage auf dem Schlachtfeld sowie die Verschärfung der Sanktionen gegen Russland», schrieb Jermak nach seiner Ankunft auf Telegram. Geplant seien auch Verhandlungen über Verwertungsrechte der USA an Seltenen Erden in der Ukraine.

Trump, der im Wahlkampf ein rasches Ende des Krieges versprochen hatte, reagiert zunehmend ungehalten auf die schwierigen Verhandlungen zwischen beiden Kriegsparteien. Aus Sicht von Experten wird die Ukraine den russischen Angriffen ohne Hilfe aus den USA nicht standhalten können. 

(Reuters)