Alle grossen Banken in Europa, die bisher Geschäftszahlen vorgelegt haben, übertrafen die Schätzungen der Analysten. Die meisten nannten fallende Kreditrisikovorsorge und boomende Erträge im Wertpapierhandel als Hauptgründe.

Im vergangenen Jahr hatten die Banken Milliarden von Euro zur Seite gelegt, um sich auf eine befürchtete Insolvenzwelle vorzubereiten als Folge der Corona-Lockdowns. Die massive Unterstützung durch Regierungen und Zentralbanken hat diese Ausfälle bislang jedoch verhindern können. Viele Geldhäuser erwarten nun, dass der künftige Aufwand niedriger ausfallen werde als anfangs berechnet.

"Die Pandemie hat sich zwar weiter auf unser Leben ausgewirkt, aber wenn man sich die Ergebnisse ansieht, würde man nicht unbedingt glauben, dass wir uns immer noch in einer Krise befinden", sagte ING-CEO Steven van Rijswijk in einer Telefonkonferenz mit Analysten am Donnerstag. INGs Nettogewinn hatte selbst die höchste Analystenschätzung übertroffen.

Bewertungen werden angekurbelt

Bei der UniCredit  und Societe Generale war es noch deutlicher: Die Italiener berichteten doppelt so viel Gewinn wie der Analystenkonsens, die Franzosen gar dreimal so viel wie prognostiziert.

Dabei profitieren die Institute auch von den grosszügigen Kreditbedingungen der Europäischen Zentralbank. Die ING etwa setzte den von der EZB erhaltenen Vorteil durch längerfristige Refinanzierungsdarlehen mit 233 Millionen Euro an. Diese Subventionen sollen ein Anreiz für die Banken sein, während der Pandemie die Kredithähne weiter offen zu lassen.

Hinzu kommt ein Anleihe-Emissionskonzert dank der Unterstützung des öffentlichen Sektors und Rekordniveaus bei vielen Aktienindizes. Das half den Erträgen in den Handelsetagen.

Die überraschend positiven Ergebnisse haben auch die Bewertungen der Banken angekurbelt. Viele Aktien sind nach dem Tiefpunkt unmittelbar nach dem ersten Pandemieschock im vergangenen Jahr mittlerweile fast wieder auf das Vorkrisenniveau zurückgekehrt. Sogar die Credit Suisse, die der Zusammenbruch von Archegos Capital Management am stärksten getroffen hatte, übertraf die Erwartungen der Analysten.

«Banken könnten Probleme unter den Teppich kehren»

Die Frage ist nun, wie lange der Boom im Handel andauern wird und wie hart die Banken beeinträchtigt werden, wenn die Insolvenzen dann schlussendlich doch zunehmen. Die Aufsicht ist jedenfalls noch nicht beruhigt.

"Wir sehen nach wie vor noch nicht den Höhepunkt beim Kreditrisiko, daher ist es noch zu früh, übermässig positive Schritte zu setzen" und die Kreditvorsorgen zu senken, sagt Andrea Enria, der Leiter der EZB-Bankenaufsicht, in einem Interview mit Reuters. "Es könnte Banken geben, die wirklich versuchen, Probleme unter den Teppich zu kehren.

(Bloomberg/cash)