Bis 2027 dürften sie die Marke von 100 Prozent des Bruttoinlandsproduktes übersteigen, heisst es in einer der Nachrichtenagentur Reuters am Freitag vorliegenden Analyse. «Die sich verschlechternden mittelfristigen Konjunkturaussichten setzen die öffentlichen Finanzen Chinas noch stärker unter Druck, während sich die Reformdynamik verlangsamt hat», erklärte Scope-Analyst Eiko Sievert. Die Ratingagentur hatte die Kreditwürdigkeit der nach den USA zweitgrössten Volkswirtschaft der Welt im Mai von A+ auf A gesenkt, sie verbleibt damit aber auf einem hohen Niveau in Nähe der Top-Bonität AAA.

2019 - vor Ausbruch der Corona-Pandemie - hätten die Verbindlichkeiten noch bei 60 Prozent gelegen. Die hohen Kosten im Kampf auch gegen die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie hätten sie bis 2022 auf 77 Prozent steigen lassen. «Die chinesischen Behörden versuchen, finanzielle Ungleichgewichte - einschliesslich der hohen Verschuldung der Zentralregierung und der lokalen Gebietskörperschaften - zu bekämpfen und gleichzeitig durch Strukturreformen auf ein konsumorientiertes Wachstumsmodell umzustellen», so die Analysten.

Chinas zentralistisches Wirtschaftsmodell könne zwar die Umsetzung wirksamer Reformen erleichtern, da die Regierung grosse Teile der Binnenwirtschaft einschliesslich des Bankensektors kontrolliere. «Allerdings ist das Risiko politischer Fehlentscheidungen gestiegen», so die Scope-Analysten. So erschwere es der stark angewachsene Bereich der Schattenbanken, bei Schocks auf die Finanzmärkte und die Gesamtwirtschaft einzuwirken.

«Gleichzeitig weichen die Wachstumsaussichten Chinas von den Zielvorgaben der Regierung ab, auch bedingt durch wichtige demografische Verschiebungen», hiess es. Den düstersten Szenarien zufolge könne die Bevölkerung bis 2050 um etwa 200 Millionen Menschen abnehmen. Auch deshalb dürfte sich das mittelfristige Wachstumspotenzial auf etwa vier Prozent abschwächen. Um die Regierungsvorgaben zu erreichen, die Wirtschaftsleistung von 2021 bis 2035 zu verdoppeln, sei allerdings ein jährliches Wachstum von knapp fünf Prozent nötig.

Zu den notwendigen Strukturreformen gehören für die Experten von Scope die Einführung eines neutraleren Wettbewerbs zwischen grossen staatlichen Unternehmen und Privatfirmen sowie Arbeitsmarktmassnahmen wie die Anhebung des Rentenalters. Auch eine Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Frauen sei angesichts einer alternden Bevölkerung erstrebenswert.

(Reuters)