Unter anderem Hannover Rück und Münchener Rück haben informierten Kreisen zufolge gewarnt, dass sie ab Anfang nächsten Jahres im Zusammenhang mit dem Konflikt in der Ukraine keine Risiken mehr versichern werden. Dies betreffe auch indirekte Risiken, hiess es.

“Die grossen deutschen Rückversicherer und andere wollen Schäden ausschliessen, die aus dem Krieg zwischen Russland und der Ukraine resultieren oder damit verbunden sind”, sagte Chris McGill, Class Underwriter für den Bereich Fracht bei der Versicherungsgesellschaft Ascot Group. Namen wollte er nicht nennen. Für Ascot sei es das erste Mal, dass dass Unternehmen eine wesentliche Änderung seiner Rückversicherung in Erwägung ziehen müsse.

Viele Rückversicherer mussten aufgrund des Krieges Verluste verbuchen. So hat die Hannover Rück im Zusammenhang mit dem Ukraine-Konflikt in den ersten neun Monaten des Jahres eine Rückstellung von 331 Millionen Euro für mögliche Verluste gebildet.

Die Rückversicherer wollten sicherstellen, dass die Preise die Risiken widerspiegelten, erklärte Marcus Baker, der beim Versicherungsmakler Marsh für den Bereich Schifffahrt und Fracht zuständig ist. Marsh zählt in der globalen Assekuranzvermittlung zu den größten Akteuren.

Vertragsgespräche wegen Krieg besonders schwierig

“Die Rückversicherer sorgen sich derzeit um Klumpenrisiken, bei denen aus einem Einzelereignis potenzielle Verlusten resultieren”, führte Baker aus.

Werde keine Lösung gefunden, müssten Reeder und Erstversicherer einen größeren Teil des Risikos für Schiffe übernehmen, die nach Russland und in die Ukraine fahren. Derzeit ist unklar, ob die Hannover Rück oder die Münchener Rück einlenken und ob andere die Lücke füllen.

Höhere Prämien und fehlende Deckung könnten den Export wichtiger Rohstoffe erschweren und zu neuem Chaos in den Versorgungsketten führen, sollte der Schiffsverkehr ins Stocken geraten. Dies würde auch inflationstreibend wirken.

Kriegsrisiken umfassen unter anderem Bomben, Torpedos, Terrorismus, Angriffe von außen und die Beschlagnahme von Schiffen. Vertreter von Hannover Rück und Münchener Rück lehnten Stellungnahmen ab.

Die Verhandlungen zwischen Versicherungen und ihren Rückversicherern finden einmal im Jahr statt und sind oft kontrovers. Wie zu hören ist, waren die Gespräche in diesem Jahr wegen des Krieges besonders angespannt.

Sollten die grossen Rückversicherer die Abdeckung des russischen und ukrainischen Seeverkehrs einstellen, könnten sich die Reeder an chinesische oder türkische Assekuranzen wenden, sagt Denis Shashkin, Korrespondent für Transportversicherungen in dem großen russischen Hafen von Noworossijsk am Schwarzen Meer.

“Kurzfristig könnten die Prämien steigen, aber langfristig wird das wohl keinen grossen Unterschied machen”, sagte er. Reeder können beschließen, die Ladung nicht zu versichern. Damit ihre Schiffe von Charterern gemietet werden können, sei jedoch eine Transportversicherung notwendig.

McGill von Ascot sorgt sich um die Folgewirkungen der neuen Ausschlussklauseln. “Angenommen, wir bekommen einen weiteren arabischen Frühling mit Preissteigerungen bei Lebensmitteln — werden Sie uns dann sagen, dass wir dafür keine Rückversicherung haben, weil das durch den Krieg verursacht wird oder direkt mit ihm zusammenhängt?”, fragt er. “Das können sie nicht beantworten.”

(Bloomberg)