"Das Interesse der Investoren an nicht kotierten Unternehmen hat deutlich zugenommen", resumierte André Spillmann, Senior Sales-Verantwortlicher bei Lienhardt & Partner. So legte bei der Privatbank der Handelsumsatz mit Nebenwerten im Jahr 2023 um über 15 Prozent zu. "Dies ist unter anderem auf den Wechsel der Bobst Group von der SIX an die Ausserbörse zurückzuführen", erklärte Spillmann. Daneben habe es einige grössere Transaktionen (Block Trades) zwischen zwei oder mehreren Parteien gegeben.
Die Berner Kantonalbank (BEKB) ihrerseits erzielte in Bezug auf die Abschlusszahlen gar das beste Jahr in der Geschichte ihrer OTC-X- Handelsplattform. Auch hinsichtlich Volumen sei es ein ausgezeichnetes Jahr gewesen, das bisher drittbeste, blickte Sascha Hitz, Senior Salestrader OTC-X bei der BEKB, zurück. "Neben Neuzugang Bobst Group sind auch viele Titel aus dem OTC-X-Liquidity-Index sehr rege gehandelt worden", so Hitz.
Perfomance bleibt hinter kotierten Unternehmen zurück
Allerdings hinkten die im Lienhardt & Partner Nebenwerte Index zusammengefassten Aktien im Jahresvergleich den börsenkotierten Unternehmen hinterher. Und auch bei der BEKB blieb die Entwicklung der ausserbörslich gehandelten Titel etwas hinter dem SPI Extra P Index zurück.
Das Jahr sei denn auch geprägt gewesen von zum Teil extrem hohen Kursverlusten. Betroffen waren vor allem Unternehmen, die mit ihren Zahlen enttäuschten oder gar die Dividende nach unten korrigierten oder ganz ausfallen liessen, wie Spillmann ausführte. Unternehmen mit hohen Sonderdividenden seien nach deren Ausschüttung ebenfalls zum Teil rege verkauft worden.
Starker Franken belastet kaum
Die politischen Unruhen und ein starker Franken hatten dagegen laut Hitz und Spillmann nur Einfluss auf einzelne Titel im Industriesektor. Vor allem Werte wie Plaston oder Griesser mit einem grösseren Anteil an Auslandsumsätzen bzw. mit Fertigungsstätten im Ausland seien betroffen gewesen. "Diese Faktoren haben den Grossteil der Titel aber nur wenig oder gar nicht beeinflusst. Und auch im Tourismus stand der starke Franken weniger im Fokus", so der BEKB- Händler.
Zu den Gewinnern im Jahr 2023 zählte Hitz Sektoren wie Bergbahnen/Tourismus und teilweise Energie. Und beide Experten wiesen auf Regionalbanken hin, als Profiteure der höheren Zinsen in Form einer Ausweitung der Zinsmarge. Der Tourismus lief wieder gut und die meisten Bahnen und andere Tourismusbetriebe dürften laut Hitz die Rekordwerte von 2018/19 wieder erreichen oder gar übertreffen. Im Energiebereich seien CKW und Repower mit einer grossen Eigenproduktion vor allem Wasserkraft die Gewinner, sagte der BEKB-Händler. "Die Anleger kauften vor allem Aktien von Unternehmen mit hoher Dividendenzuverlässigkeit und gesunden Bilanzen", ergänzte der Experte von Lienhardt& Partner.
Positiver Blick in die nahe Zukunft
Mit Blick auf das Jahr 2024 rechnet Hitz damit, dass die Industriewerte wieder stärker gefragt sein könnten, sofern die Konjunktur in der zweiten Jahreshälfte wieder den Wachstumspfad einschlage. Im Tourismussektor ist seiner Einschätzung zufolge weiterhin von einer positiven Entwicklung auszugehen und im Energiesektor dürfte es zu einer Beruhigung kommen. "Treiber werden hier weiterhin die Energiewende und der Zubau von erneuerbaren Energien sein", führte er aus. Im Bankensektor könnte es temporär zu einer geringeren Vergabe von Hypotheken kommen, dies aufgrund der in 2023 gestiegenen Zinsen.
Spillmann seinerseits erwartet für 2024 steigende Handelsumsätze. "Das kommende Frühjahr wird ein wichtiger Gradmesser für die weitere Entwicklung der ausserbörslichen Kurse sein", prognostizierte der Händler. Dabei sei es wichtig, dass die Unternehmen nachhaltig Geld verdienen und damit weiter Substanz aufbauen können. Ganz essentiell sei weiterhin die Dividendenpolitik.
(AWP)