Flugzeugflotten werden zügig zurück in den Verkehr gebracht, um die steigenden Buchungszahlen bedienen zu können. Die Lufthansa fliegt mit Jumbo-Jets an die Strände des Mittelmeers. Doch die Buchungen haben Schlagseite: EasyJet etwa macht 85 Prozent des Geschäfts derzeit in Europa und nur 15 Prozent in Grossbritannien - vor der Pandemie war es halbe-halbe.

Airlines versuchen händeringend wieder abzuheben, nachdem die Pandemie sie seit Anfang 2020 praktisch gezwungen hatte, ihre Maschinen am Boden zu lassen. Nach einem holprigen Start haben die Impfkampagnen inzwischen Fahrt aufgenommen. Das bedeutet, der europäische Reiseverkehr findet wieder statt: Ab dem 1. Juli können Inhaber von digitalen Nachweisen für Impfung, Genesung oder Test wieder bequem kreuz und quer durch die 27 Mitgliedstaaten der EU fliegen. Die EU will darüber hinaus Touristen aus den USA und einer handvoll anderer Länder wieder hereinlassen, hiess es diese Woche.

"Wir haben Strecken, die nach Grossbritannien gehen sollten, auf andere europäische Länder umgeplant, weil wir dort die Nachfrage haben", sagte Johan Lundgren, Vorstandschef von EasyJet. "Es gibt einen aussergewöhnlich hohen Nachholbedarf für das Reisen."

Grossraumflugzeuge für Kurzstreckenflüge

Die Fluggesellschaften hoffen auf raschen Cashflow durch eine zügige Rückkehr der Reisewilligen. Das brauchen sie auch, um ihre Bilanzen zu reparieren und frisches Kapital einzuwerben. Die Nachfrage ist da: Letzte Woche kündigte Lufthansa an, Boeing 747-8-Langstreckenmaschinen mit 364 Sitzen einzusetzen für den nur zweistündigen Trip von Frankfurt nach Mallorca, nachdem sich nach einer Lockerung der Reisebestimmungen die Buchungen auf die Baleareninsel seit April verfünfundzwanzigfacht hatten. Der Jet wird die Strecke ab dem 17. Juli an vier aufeinanderfolgenden Samstagen bedienen. Ab München wird ebenfalls ein Airbus A350 Grossraumflugzeug eingesetzt.

"Wenn die Grenzen und die Touristenattraktionen wieder geöffnet werden, werden die Menschen es kaum erwarten können und die Erholung des Flugverkehrs wird ähnlich wie in den USA laufen", sagte Helane Becker, Analystin bei der Unternehmensberatung Cowen in New York. "Jeder will seinen Anteil an den Dollars der Touristen, die es da draussen zu holen gibt, und die Buchungen springen nach oben, sobald die Restriktionen fallen."

Ryanair geht in Grossbritannien vor Gericht

In Grossbritannien sieht es anders aus: Dort besteht nach Rückkehr aus vielen Regionen weiter die Pflicht zur Quarantäne. Portugal wurde Anfang des Monats von der Liste der weniger bedenklichen Reiseziele gestrichen. British Airways schickt daher Personal wieder in Kurzarbeit. Der irische Billigflieger Ryanair will gegen die Regeln vor Gericht ziehen. "Die Reiseregeln Grossbritanniens sind ein Scherbenhaufen", schimpft Ryanair-Vorstandschef Michael O'Leary.

Bis sich das wieder ändert, dürften die dortigen Fluggesellschaften einfach mehr Strecken auf dem europäischen Festland bedienen, sagt John Grant, Analyst beim Flugdatenunternehmen OAG, auch, weil es dort mehr Klarheit gäbe. "Deutschland ist offen, damit können Fluggesellschaften besser planen", meint Grant. "Der Sommer ist ohnehin sehr stark dort und hinzu kommen anderthalb Jahre Nachholbedarf."

Angebot erhöht 

Weltweit erhöhte sich das Angebot im Luftverkehr diese Woche um fast 2 Prozentpunkte auf 61 Prozent des Niveaus von 2019, so wöchentliche Daten, welche die Nachrichtenagentur Bloomberg von OAG bekommt und aufbereitet.

Am vergangenen Wochenende lag die Zahl der täglichen US-Flugreisenden zum ersten Mal seit Beginn der Pandemie wieder bei mehr als 2 Millionen und erreichten fast drei Viertel des Niveaus aus 2019. Das Angebot in den USA liegt mittlerweile bei 80 Prozent des Niveaus von 2019. Doch vieles davon ist Inlandsverkehr und internationale Verbindungen hinken hinterher. Hauptziele der Amerikaner im Ausland sind derzeit Mexiko, die Dominikanische Republik, Jamaika, Kolumbien und Costa Rica, so eine Präsentation von Airlines for America.

Wo noch kaum etwas geht, ist über den Nordatlantik, der die USA mit Europa verbindet. Dabei sind das die profitabelsten Strecken im weltweiten Luftverkehr mit vielen First- und Business-Class-Sitzen. Das sollte nun besser werden, wenn die EU die Einreisebeschränkungen für US-Bürger aufhebt.

(Bloomberg/cash)