Erstmals seit Menschengedenken ist im letzten Jahr der rege Schiffsverkehr auf dem Rhein zum Erliegen gekommen. Schwere Dürre und abschmelzende Gletscher in den Alpen hatten diese Hauptverkehrsader unpassierbar gemacht. Dieses historische Ereignis könnte sich in wenigen Wochen wiederholen.

Angesichts der dürftigen Regenfälle in letzter Zeit ist der Pegel bei Stromkilometer 546 in Kaub in Rheinland-Pfalz auf etwa 150 Zentimeter gesunken, die Hälfte des Stands von vor einem Monat. Für den Schwerlasttransport gelten bereits Einschränkungen, und sämtlicher Transport per Schiff könnte wieder eingestellt werden, wenn der Wasserstand unter 50 Zentimeter sinkt.

Der Rhein ist wichtig für den Handel in der Region. Europas wichtigste Wasserstrasse fliesst auf einer Länge von 1232,7 km durch die Schweiz, Deutschland und die Niederlande, bevor sie in Rotterdam, dem geschäftigsten Hafen Europas, in die Nordsee mündet. Der Rhein dient als Haupt-Schifffahrtsroute für Rohstoffe und Güter von Kohle und Eisenerz bis hin zu Chemikalien, Düngemitteln und Autoteilen.

Benzinvorräte angezapft

Unternehmen entlang des Rheins - von Royal Dutch Shell bis BASF - intensivieren ihre Notfallplanung: Kleinere Boote kaufen, LKW- und Zugkapazitäten vorsorglich buchen und eine Erhöhung der Lagervorräte. Prognosen für eine Hitzewelle haben die Nerven weiter strapaziert, und es wird laut dem Wetterdienst Maxar erwartet, dass die heissen und trockenen Bedingungen mindestens die nächsten zehn Tage anhalten werden.

Die Bestrebungen, die Auswirkungen eines erneuten Stopps der Rheinschifffahrt - der die Schweiz und Deutschland im vergangenen Jahr dazu veranlasste, Benzin-Notreserven anzuzapfen - abzuschwächen, sind lediglich Notlösungen. Die Kapazität auf der Strasse und auf der Schiene ist begrenzt und viel teurer als der Transport per Schiff. Die Lagerverfügbarkeit entlang des Rheins ist aufgrund der mit dem Brexit verbundenen Bevorratung bereits begrenzt.

Das ist ein Problem für Industriebetriebe entlang des Rheins wie den deutschen Stahlhersteller Thyssenkrupp AG, der letztes Jahr gezwungen war, Lieferungen an Automobilhersteller wie Volkswagen AG einzuschränken. Zwar hat die Gesellschaft bereits Flachbodenschiffe gekauft, aber es gibt keine echte Alternative.

"Wir bekommen 30 Millionen Tonnen Rohstoffe aus Rotterdam", sagte Premal Desai, Leiter der Stahlsparte des Duisburger Unternehmens. „Der Rhein ist für Thyssenkrupp Steel eine Überlebensfrage."

(Bloomberg/cash)