An der Börse gilt der Luxusgüterkonzern Richemont als ein Liebling der Banken und ihrer Analysten. Mit einem Kursplus von 15 Prozent ging die Aktie denn auch als die Gewinnerin aus dem Swiss Market Index (SMI) aus den ersten zwei Januar-Wochen hervor. Seit dem deutlich besser als erwartet ausgefallen Halbjahresergebnis von Mitte November könnte die Aktie sogar um fast 30 Prozent zulegen.

Dementsprechend hoch waren die Erwartungen an das Weihnachtsgeschäft. Zu hoch, wie sich nun herausstellt. Dem Unternehmen war es zwischen Anfang Oktober und Ende Dezember zwar möglich, den Gruppenumsatz im Jahresvergleich organisch um 5 Prozent auf 5,4 Milliarden Euro zu steigern. Allerdings waren Analysten durchschnittlich von einem organischen Umsatzwachstum von knapp 8 Prozent auf 5,62 Milliarden Euro ausgegangen.

Während das als margenstark geltende Schmuckgeschäft um 8 Prozent wuchs, war das Geschäft mit Luxusuhren zur Überraschung der Analysten sogar um 5 Prozent rückläufig. In beiden Produktkategorien wird die Entwicklung als enttäuschend beurteilt.

Favoritenrolle der Aktie in Gefahr?

Das sehen die Anleger nur bedingt so. Nach einem anfänglichen Rücksetzer auf etwas weniger als 135 Franken gewinnt die Richemont-Aktie mittlerweile gar etwas mehr als 2 Prozent auf 140 Franken. Dennoch rutscht die Aktie auf Platz drei unter den SMI-Titeln ab.

Das Nachsehen haben auch die Analysten. Nicht eben wenige unter ihnen hatten im Vorfeld des Zwischenberichts ihre Schätzungen für den Luxusgüterkonzern in Erwartung eines erfreulichen Weihnachtsgeschäfts noch erhöht. Das schlug sich durchs Band in höheren Kurszielen und bestätigten Kaufempfehlungen nieder.

Börsenbeobachter schliessen nicht aus, dass einige Analysten ihre Schätzungen und Kursziele nun wieder unter negativen Vorzeichen überarbeiten müssen. Ob auch die eine oder andere Kaufempfehlung kassiert wird, werde sich zeigen. Jedenfalls erscheine die Favoritenrolle der Aktie nicht länger in Stein gemeisselt.

Die Bank Vontobel räumt zwar ein, dass der Einfluss der Ausgangsbeschränkungen in China ziemlich massiv ausgefallen ist. Sie schätzt diesen Störfaktor jedoch nur als vorübergehend ein und rechnet mit einem starken Nachholeffekt. Auch den Umsatzrückgang im Geschäft mit Luxusuhren scheint der Zürcher Bank keine Sorgen zu bereiten, erklärt sie sich diesen doch ebenfalls mit der Situation in China. Dank der hohen Preisgestaltungsmacht im lukrativen Schmuckgeschäft stuft sie die Aktie wie bis anhin mit "Buy" und einem Kursziel von 140 Franken ein.

Erfreuliche Belebung des China-Geschäfts

Ähnlich sieht es die Zürcher Kantonalbank, wobei sie sich auch von der Absatzentwicklung in der Region Amerika etwas enttäuscht zeigt. Ihres Erachtens ist Richemont so gut aufgestellt wie noch nie. Ausserdem sei dank der Wiederöffnung Chinas die Wahrscheinlichkeit relativ gross, dass sich die Umsatzentwicklung wieder beschleunigen werde. Auch die Zürcher Kantonalbank preist die Aktie weiterhin mit "Übergewichten" zum Kauf an.

Wie der US-Broker Stifel nach einem Kontakt mit dem Unternehmen schreibt, sind die Umsätze in China in den ersten beiden Januar-Wochen erfreulich gewachsen. Man hält deshalb ebenfalls mit einem Kursziel von 140 Franken an der Kaufempfehlung für die Aktie fest.