«Erfolgreich Anlegen ist eigentlich einfach. Die Basis ist eine sorgfältige Auswahl der passenden langfristigen Anlagestrategie», sagt Matthias Geissbühler, Anlagechef der Raiffeisen. Dabei bezieht er sich auf die Themen Risikobereitschaft und Risikofähigkeit. Wer seine Verluste begrenzt, diszipliniert bleibt und sein Portfolio breit aufstellt, kann selbst in turbulenten Zeiten sein Kapital erhalten und langfristig wachsen lassen.
Denn Verluste lassen sich kaum rückgängig machen, wenn man sie nicht begrenzt. «Das Prinzip Hoffnung ist beim Geldanlegen ein schlechter Ratgeber», sagt Geissbühler. Die Geschichte der Finanzmärkte liefert genügend Beispiele: Credit Suisse, Hochdorf, oder natürlich Meyer Burger. Auch wenn ein solcher Totalausfall in der Realität selten vorkommt, können bereits Teilverluste oder dauerhaft sinkende Werte ein Portfolio so stark belasten, dass es sich nicht mehr erholt. Dabei waren die Alarmglocken bei einer Meyer Burger wohl offensichtlich.
«Meyer Burger war schon seit Jahren angeschlagen. Unzählige Kapitalerhöhungen, Strategieänderungen und Restrukturierungen waren laut schrillende Alarmglocken», führt Geissbühler aus. Zudem hatte die Firma seit vielen Jahren keinen Gewinn mehr erzielt. Die Qualitätsanforderungen einer gesunden Firma hat Meyer Burger also seit Jahren nicht mehr erfüllt. Trotzdem haben viele Anleger in der Hoffnung auf einen erfolgreichen Turnaround am Titel festgehalten und bei den Kapitalerhöhungen gar weiter Geld eingeschossen. Das Prinzip Hoffnung ist beim Geldanlegen aber ein schlechter Ratgeber.
Im Portfoliokontext ist es daher essenziell, die Verluste zu begrenzen. Bei der Titelselektion ist der Fokus auf eine solide Bilanz und hohe Profitabilität zu legen. Bei solchen gesunden Qualitätswerten ist ein Totalausfall oder Konkurs sehr unwahrscheinlich. Langfristig erfolgreiches Anlegen hat also viel mit Risikomanagement dazu, denn je höher die Renditechancen, desto höher ist auch das Risiko.
Stringentes Risikomanagement
Risikomanagement bedeutet, Risiken zu erkennen, zu messen und zu steuern. Ein stringentes Risikomanagement ist nicht nur «nice to have», sondern Grundvoraussetzung für jede nachhaltige Anlagestrategie. Ist eine solche Strategie einmal festgelegt, gelte es laut Geissbühler, daran festzuhalten. Insbesondere dann, wenn es an den Börsen zwischendurch rumpelt.
Stopp-Loss-Strategien oder klar definierte Verlustlimits helfen, Emotionen zu umgehen und Verluste konsequent zu begrenzen. Dabei wird ein Kurslevel definiert, bei dem emotionslos eine Anlage verkauft wird, erklärt Geissbühler. Dadurch wird zwar ein kleiner Verlust in Kauf genommen, man riskiert damit aber nicht zu lange in einer Abwärtsspirale gefangen zu bleiben. Das Motto laute hier: lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.
Gemäss dem Raiffeisen-Anlagechef ist eine breite Diversifikation essenziell, um das unsystematische Risiko stark zu reduzieren. Es gilt eine Portfoliostruktur aufzubauen, die unterschiedliche Anlageklassen, Regionen und Branchen berücksichtigt. Wer nicht alles Geld in dieselbe Anlage investiert, reduziert die Gefahr, dass ein einzelnes Ereignis das gesamte Portfolio durchwirbelt. Viele Schweizer konzentrieren sich in ihren Anlagen stark auf den Heimatmarkt, was gerade durch Zollunsicherheiten eine gewisse Gefahr birgt. Auch der ausschliessliche Fokus auf eine Branche führt zu zentrierten Risiken. Ebenso wichtig ist die Begrenzung der Positionsgrössen. Kein Investment sollte so gross sein, dass sein Scheitern die persönliche finanzielle Situation gefährdet.
Darüber hinaus müssen Anlegerinnen und Anleger ihre eigene Risikotoleranz und den Zeithorizont ihres Investments realistisch einschätzen. Wer sein Geld in wenigen Jahren für den Hauskauf oder die Pensionierung benötigt, kann keine grossen Schwankungen verkraften und sollte das Risiko daher eher gering halten. Wer hingegen langfristig denkt, kann ohne grosse Bedenken risikoreichere Investition tätigen und volatilere Phasen aushalten. Auch Liquidität ist hier ein entscheidender Faktor: Wer genügend Reserven hält, ist nicht gezwungen, in ungünstigen Marktphasen zu verkaufen, sondern kann die Chancen des Moments nutzen.
«Zu guter Letzt – und das ist psychologisch nicht immer einfach – sollten Anleger versuchen, 'antizyklisch' vorzugehen», sagt Geissbühler. In anderen Worten: «Kaufen, wenn die Kanonen donnern und verkaufen, wenn die Violinen spielen.» Damit bezieht sich der Raiffeisen-CIO primär auf das generelle Marktumfeld und weniger auf Einzeltitel. Die Aktienmärkte sind stark vom Anlageverhalten und Emotionen getrieben. Entsprechend lohne sich ein angepasstes Vorgehen: Wenn die Stimmung euphorisch ist, sollte ein Teil der Gewinne mitgenommen werden und wenn Panik herrscht, kaufen Mutige zu.
Mit einem quartalsweisen oder halbjährlichen Rebalancing des Portfolios lasse sich das relativ einfach und systematisch umsetzen. Anhand dieses Rebalancings, also dem regelmässigen Überwachen und Anpassen, kann verhindert werden, dass einzelne Positionen überproportional wachsen, Gewinne realisiert und die Balance wiederhergestellt werden.