cash.ch: Gurit ist in mehreren Nischenmärkten unterwegs, Hochleistungskunststoffe für Windräder sind aber das Hauptgeschäft und sorgen für mehr als ein Drittel des Umsatzes. Was sind die Trends in der Windenergie?

Rudolf Hadorn: Wir gehen von drei Trends aus, welche die Windenergie voranbringen werden: Das Ziel, die Kostenparität mit der nicht-erneuerbaren Energie zu erreichen, dann die Dezentralisierung des Energieangebots und die CO2-Reduktion. So hat Windenergie eine grosse Chance auf Volumenwachstum.

Wie können sich diese Trends in Wachstum für Gurit umsetzen?

Man sagt, bis zu drei Viertel des Nettozuwachses in der Energieversorgung soll künftig aus erneuerbaren Energien kommen. Hiervon möchte Gurit profitieren.

Wie wird sich Windenergie für Gurit weiterentwickeln?

Windenergie sollte wachsen und wir hoffen, auch Indien wieder voll an Bord zu haben. Dort kommt zehn Prozent der weltweiten Nachfrage für Kernwerkstoffe her, aber wir sahen 2017 dort eine Abschwächung. Schon dieses Jahr gab es wieder eine starke Nachfrage nach Formen in Indien. Das ist eine Indikation, dass das Geschäft wieder losgeht.

Was für Probleme bestehen in Indien noch?

Wir sind, verglichen mit den Kundeninformationen, mit der Rotorblätterproduktion in Indien ein Jahr im Rückstand. Das sind mehrere Prozente am Umsatz der Gruppe. In den vergangenen 18 Monaten haben wir diese nicht erreicht. Damit erreichen wir auch beim Wachstum der Gesamtgruppe nicht ganz das, was wir uns gewünscht haben.

Wachstumstreiber sollen auch Karosserieteile aus Kunststoffen für Autos bilden. Weswegen musste Gurit im ersten Halbjahr dort einen Rückgang verzeichnen?

In unserem Werk in Ungarn hatten wir einen Kunden, der von einer sehr starken Nachfrage, wie sie noch 2017 bestand, auf schwache Nachfrage umgestellte. Die traf uns in der Kapazitätsauslastung und in der Profitabilität schwer. Dies führte auch dazu, dass wir als Gruppe die Erwartungen nicht erfüllten, auch nicht unsere internen Erwartungen.

Wie entwickelt sich das Segment weiter?

Wir werden diesen Rückgang dieses Jahr nicht ausgleichen können. Wir fahren nun die Produktion wieder hoch, auch mit neuen Produkten, wo es zum Teil auch Anlaufschwierigkeiten gegeben hat. Seit diesem September haben wir aber auch wieder mehr Nachfrage vom besagten Kunden. Das zweite Halbjahr wird damit 'versöhnlicher', aber noch nicht profitabel.

In der Luftfahrtindustrie wollen Sie neue Kunden gewinnen. Wie würde dies das Wachstum beeinflussen?

Im Langfristgeschäft Luftfahrt sind wir Zulieferer beim Flugzeug-Intérieur. Wir haben eine starke Position bei einem europäischen Grosshersteller und haben eine neue Kundenbeziehung zu einem amerikanischen Grosshersteller. Diese bauen wir aus. Von einem kleinen einstelligen Millionenbetrag sollten wir dort über die nächsten drei bis vier Jahre zu einem Umsatzbeitrag von über 10 Millionen Franken gelangen.

Wie konstant ist Geschäft mit Schiffs- beziehungsweise Yachtherstellern?

2008 erreichte dieses Geschäft einen Höhepunkt und ging wegen der Finanzkrise zurück. Man hatte Skrupel, superteure Yachten zu kaufen, während Industriefirmen restrukturiert werden mussten. Die Industrie  hat sich wieder langsam erholt, ist aber noch nicht auf den Niveau von 2008. Trotzdem konnte Gurit dort konstant wachsen. Im High-End-Bereich, wo wir Zulieferer sind, hängt der Erfolg auch mit grossen Regatten zusammen. Diese gibt Inspiration für mehr Nachfrage. Das Marktwachstum liegt im tiefen einstelligen Bereich.

2017 erreichte Gurit 361 Millionen Franken Umsatz und 10 Prozent EBIT-Marge. Welches sind aktuell die Ziele für das laufende Jahr?

Die Wachstumsziele für den Umsatz für 2018 liegen im mittleren einstelligen Prozentbereich, gemessen am letzten Jahr. Bei der Profitabilität erwarten wir eine EBIT-Marge in der etwa Mitte des Zielbandes zwischen 8 bis 10 Prozent.

Das Interview mit Rudolf Hadorn wurde am Rande der Small- und Midcap-Konferenz Investora 2018 in Zürich geführt.