"Wir müssen zusammen handeln, als ein Team, die Einheit all unserer Kräfte erhalten, und uns um den Präsidenten versammeln", sagte Ministerpräsident Michail Mischustin am Montag in einer im Fernsehen übertragenen Regierungssitzung. Auch Putin äusserte sich öffentlich, ging aber nicht auf die Geschehnisse vom Samstag ein. Im Westen herrschte nach wie vor Rätselraten über Hintergründe und Folgen der Wagner-Aktion.

"Es geht um einen innenpolitischen Machtkampf in Russland, und wir mischen uns nicht ein", sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock in Luxemburg. "Es ist nach wir vor unklar, was dort geschieht", betonte sie vor Beratungen der EU-Außenminister und fügte hinzu: "Ich sage ganz klar, was dort geschieht, nicht was dort geschah, denn es ist offensichtlich nur ein Akt in diesem russischen Schauspiel."

Was mit den "unterschiedlichen Akteuren" passiere, sei weiterhin unklar. Klar sei indes: "Wir sehen massive Risse in der russischen Propaganda." In Berlin sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit, die Folgen des abgebrochenen Söldner-Aufstands würden wohl erst in "Tagen, Wochen und Monaten" absehbar sein.

In Moskau wurden die am Samstag eingeleiteten Anti-Terror-Maßnahmen am Montagmorgen wieder aufgehoben, wie Bürgermeister Sergej Sobjanin mitteilte. Ähnliche Sicherheitsregelungen seien auch in den Regionen Woronesch und Moskau weggefallen, berichteten russische Medien unter Berufung auf den Inlandsgeheimdienst FSB. Das Nationale Anti-Terror-Komitee erklärte, die Lage im Land sei "stabil".

Putin ging in seiner ersten verbreiteten Erklärung nach dem Aufstand nicht auf die Geschehnisse ein. Über die Internetseite des Präsidialamts wurde eine Erklärung Putins veröffentlicht, in der er den Teilnehmern eines Industrieforums gratulierte.

Rebellion eine innerrussische Angelegenheit

Aussenminister Sergej Lawrow kündigte laut amtlicher Agentur Tass an, die Geheimdienste würden untersuchen, ob westliche Agenten in den Aufstand verwickelt seien. Der US-Botschafter in Moskau habe der Regierung aber versichert, dass die USA nichts damit zu tun hätten. Zudem habe der Botschafter betont, dass die Rebellion eine innerrussische Angelegenheit sei. Einem Zeitungsbericht zufolge laufen entgegen der Vereinbarung vom Samstag weiter Ermittlungen des FSB gegen Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin.

Die strafrechtlichen Ermittlungen gegen Prigoschin wegen des Vorwurfs des bewaffneten Aufstands waren am Freitag eingeleitet worden, als er den Kämpfern seiner Wagner-Truppe den Marsch auf Moskau anordnete. Am Samstag brach er das Vorhaben ab. Laut dem russischen Präsidialamt wurde Prigoschin für sich und seine Kämpfer Straffreiheit zugesichert.

Prigoschin soll demnach nach Belarus ins Exil gehen. Über seinen Verbleib gab es am Montag zunächst keine Informationen. Der von Prigoschin seit Monaten scharf kritisierte russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu war unterdessen auf einem veröffentlichten Video zu sehen. Er soll dabei den Angaben zufolge Truppen besucht haben.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte, bei den Geschehnissen handele es sich um eine innere Angelegenheit Russlands. Es werde aber auch deutlich, dass Putin mit dem Angriffskrieg gegen die Ukraine seinen grössten strategischen Fehler begangen habe.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth, sieht Putin durch den Aufstand geschwächt und befürchtet eine harte Reaktion. "Es war eine Demütigung für Putin, dass er die Lage nicht mehr unter Kontrolle hatte. Und das vor den Augen der Weltöffentlichkeit und vor den Augen der russischen Bevölkerung. Das ist für einen Diktator schon schwere Kost", sagte der SPD-Politiker den Sendern RTL und ntv.

Als Reaktion befürchtet Roth, dass es zu einer "Stalinisierung" in Russland kommen könnte: "Das heißt, Gegnerinnen und Gegner könnten jetzt noch früher aus dem Weg geräumt werden. Entweder sie werden ins Gefängnis gesteckt oder möglicherweise getötet."

(Reuters)