Er werde von 21 auf 20 Prozent zurückgenommen, teilten die Währungshüter am Freitag in Moskau mit. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten dagegen einen unveränderten Zinssatz vorausgesagt. «Der aktuelle Inflationsdruck nimmt weiter ab», begründete die Notenbank ihre Entscheidung. «Zudem kehrt die russische Wirtschaft allmählich auf einen ausgewogenen Wachstumspfad zurück.» Der künftige Zinskurs hänge davon ab, wie schnell und nachhaltig die Inflation nachlasse.
Wirtschaftsminister Maxim Reschetnikow hatte die Währungshüter in dieser Woche dazu aufgefordert, ihre Zinsen zu senken. «Wir setzen auf eine rechtzeitige Lockerung der Geldpolitik, um das vom Präsidenten (Wladimir Putin) vorgegebene Wachstumsziel von drei Prozent in Zukunft aufrechtzuerhalten», sagte Reschetnikow. Von Reuters befragte Ökonomen erwarten, dass sich das russische Wirtschaftswachstum in diesem Jahr auf 1,5 Prozent verlangsamen wird. Die Regierung prognostiziert 2,5 Prozent. 2024 hatte es noch zu einem Plus von 4,3 Prozent gereicht.
Viele Grundnahrungsmittel deutlich teurer
Die Zentralbank steht auch unter dem Druck der Wirtschaft, den Leitzins zu senken, den sie im Oktober 2024 wegen der hohen Inflation auf 21 Prozent gehievt hat - den höchsten Stand seit Anfang der 2000-er Jahre. Gouverneurin Elvira Nabiullina widerstand dieser Forderung bislang jedoch mit der Begründung, man müsse zunächst einen nachhaltigen Rückgang der Inflationsraten erkennen, bevor an Zinssenkungen zu denken sei. Derzeit steht die Inflationsrate bei ungefähr zehn Prozent.
Putin hat sein Land nach dem Überfall auf die Ukraine vor mehr als drei Jahren auf Kriegswirtschaft umgestellt. Das hat das Preisgefüge durcheinandergebracht. Viele Unternehmen ausserhalb der Rüstungsindustrie müssen wegen Fachkräftemangels hohe Löhne zahlen, um ihre Mitarbeiter zu halten. Die höheren Personalkosten werden grossteils an die Kunden weitergereicht. Den Unternehmen machen die hohen Zinsen zusätzlich zu schaffen, verteuern sie doch die Kreditaufnahme für Investitionen erheblich. Dem hält die Zentralbank entgegen, dass die Betriebe in den meisten Branchen genügend Gewinne erzielen, um Investitionen zu finanzieren.
Die Zentralbank rechnet für das laufende Jahr mit einer Inflationsrate von sieben bis acht Prozent. Die Aufwertung der Landeswährung Rubel, die seit Jahresbeginn um rund 40 Prozent zum Dollar zugelegt, kann beim Kampf gegen die Teuerung helfen. Dadurch werden importierte Waren billiger.
Stark steigende Lebensmittelpreise treffen die arme Bevölkerung Russlands schwer: Die Preise für Grundnahrungsmittel wie Kartoffeln haben sich seit vergangenem Jahr aufgrund einer schlechten Ernte verdreifacht. Die Ernteaussichten für dieses Jahr dürften die Überlegungen der Zentralbank stark beeinflussen.
(Reuters)