Der russische Rubel hat vor der für Freitag erwarteten Zinssenkung erstmals seit einem halben Jahr die Marke von 100 zum Euro überschritten. Am Donnerstag mussten für einen Euro zeitweise 100,45 Rubel bezahlt werden. Verglichen mit dem US-Dollar verlor der Rubel 0,6 Prozent an Wert auf 85,10. Zum Schweizer Franken gab der Rubel ebenfalls nach auf 106,32 und hat somit innert Wochenfrist mehr als 6 Prozent an Wert verloren. 

«Die Abschwächung des Rubels in dieser Woche ist vom Markt erwartet worden», sagte Analyst Maxim Timoschenko von der Russian Standard Bank. Er verwies auf sinkende Exporteinnahmen, eine Wiederbelebung der Importe und die schrittweise Senkung des Leitzinses. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen gehen davon aus, dass die Zentralbank ihren Zins am Freitag von 18 auf 16 Prozent senken dürfte. Die russische Regierung sieht in der Abwertung kein grösseres Problem. Schwankungen des Rubelkurses gegenüber dem Dollar und dem Euro seien Teil normaler Marktprozesse, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Sie kämen einigen Marktteilnehmern zugute.

Seit Anfang der Woche hat der Rubel zum Dollar fünf Prozent an Wert verloren. Analysten zufolge hängt die Entwicklung mit verschiedenen Faktoren zusammen. So mehren sich die Hinweise auf eine wirtschaftliche Schwäche. Sberbank-Chef German Gref warnte vor einer Krise: Sollte die Zentralbank die Zinsen nicht drastisch senken, werde das Land in eine Rezession geraten.

Finanzminister Anton Siluanow kündigte am Dienstag an, eine Erhöhung der Schulden sei möglich. «Ich möchte gleich sagen, dass dies in einem vernünftigen Rahmen geschehen wird», sagte er dem Radiosender RBK. Sein Ressort hatte jüngst die Defizitprognose für dieses Jahr von 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf 1,7 Prozent angehoben. Wegen der hohen Militärausgaben für den Krieg in der Ukraine dürfte das Defizit diese Zahl jedoch noch übersteigen.

(Reuters)