Der weniger schwankungsanfällige Vier-Wochen-Durchschnitt kletterte derweil auf ein Acht-Wochen-Hoch. Das deutet darauf hin, dass Russland — vorerst — den anfänglichen Einbruch der Fördermengen infolge der europäischen Sanktionen überwunden hat.

Die Gesamtmenge an russischem Rohöl stieg in der Woche bis zum 13. Januar um 876'000 Barrel pro Tag oder 30 Prozent auf 3,8 Millionen. Die Ostsee-Lieferungen kletterten im Vergleich zur Vorwoche um 626'000 Barrel pro Tag, während die Schwarzmeer-Transporte um 47 Prozent zunahmen. Auch aus den Pazifikhäfen des Landes wurde mehr Öl verschifft.

Der Anstieg der Ausfuhren auf dem Seeweg machte den Rückgang der Pipelinelieferungen nach Europa — wo etwa die Lieferungen nach Deutschland zum Jahresanfang eingestellt wurden — mehr als wett.

Die Zuflüsse in die Kriegskasse des Kremls aus den Ausfuhrzöllen auf Rohöl stiegen weit weniger stark an. Auf alle Lieferungen der letzten Woche wurden Zölle zum deutlich niedrigeren Januarsatz erhoben. Russland verlagert die Besteuerung schon seit längerem vom Export auf die Produktion.

Wesentlich längere Transportzeiten

Das von der Europäischen Union verhängte Einfuhrverbot für russisches Rohöl hat zu wesentlich längeren Transportzeiten geführt. So dauert die Fahrt von den Ostseehäfen nach Indien durchschnittlich 31 Tage, während sie von denselben Terminals nach Rotterdam nur sieben Tage beträgt. Dies erhöht den Druck auf die schrumpfende Flotte derjenigen Schiffe, deren Eigner überhaupt noch bereit sind, russisches Öl zu transportieren.

Das Land ist zunehmend auf seine eigenen Schiffe und eine “Schattenflotte” von meist älteren Schiffen kleiner Reedereien angewiesen. Europäische Tanker können russisches Rohöl nur noch transportieren, wenn sein Preis unter der zeitgleich mit dem Einfuhrverbot eingeführten Obergrenze von 60 Dollar je Barrel liegt. Das tun jetzt weniger.

Die Tanker, die russisches Rohöl transportieren, geben immer seltener Auskunft über ihren endgültigen Bestimmungsort. In den vier Wochen bis zum 13. Januar verliessen Schiffe mit mehr als 29 Millionen Barrel russischem Rohöl, das entspricht 1,05 Millionen Barrel Ausfuhren pro Tag, den Hafen, ohne ein klares Endziel anzugeben.

Lieferung nach Asien sprunghaft angestiegen

Im Vier-Wochen-Durchschnitt stiegen die Gesamtausfuhren auf dem Seeweg auf 3,058 Millionen Barrel pro Tag, den höchsten Wert seit November. Die Lieferungen nach Asien stiegen sprunghaft an, während die Lieferungen nach Europa fast vollständig zum Erliegen kamen.

Die Ladung auf Schiffen, die nach China, Indien und in die Türkei unterwegs sind, sowie die auf Schiffen, deren endgültiger Bestimmungsort unbekannt ist, stiegen im Vier-Wochenschnitt auf den höchsten Wert, seit Bloomberg Anfang 2022 mit der detaillierten Analyse der Lieferströme begonnen hat. Da die meisten Schiffe, mit noch unbekanntem Bestimmungsort wahrscheinlich in Indien oder China landen, ist der Einbruch bei den Lieferungen in die Türkei besonders augenfällig.

Die Lieferungen in europäische Länder stiegen geringfügig auf 167'000 Barrel pro Tag. Anfang des Jahres hatte Europa noch täglich mehr als 1,5 Millionen Barrel Rohöl abgenommen, das nur den kurzen Weg von der Ostsee, dem Schwarzen Meer und der Arktis hinter sich legen musste. Dieser Markt ist praktisch verloren gegangen und an seine Stelle sind Langstrecken-Destinationen in Asien gerückt, die wesentlich teurer und zeitaufwändiger zu bedienen sind.

(Bloomberg)