Nachdem ein Jahr zuvor der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine die Nachfrage gedämpft hatte, zogen die Ticketpreise diesmal kräftig an. Auch für den Sommer erwartet Ryanair-Chef Michael O'Leary teurere Tickets, wie die irische Gesellschaft am Montag in Dublin mitteilte. Gebremst wird das Geschäftswachstum jedoch von den Verzögerungen beim Flugzeughersteller Boeing. Der US-Konzern hängt bei der Auslieferung neuer Jets wieder einmal hinterher.

An der Börse wurden die Nachrichten mit Kursverlusten quittiert. Die Ryanair-Aktie verlor an der Börse in Dublin am Vormittag zuletzt rund vier Prozent an Wert. Auch für die Papiere anderer Airlines wie Lufthansa , Easyjet , Air France-KLM und der British-Airways-Mutter IAG ging es abwärts.

Im ersten Geschäftsquartal bis Ende Juni zählte Ryanair rund 50,4 Millionen Fluggäste und damit elf Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Die Auslastung der Maschinen verbesserte sich von 92 auf 95 Prozent, und der Umsatz sprang sogar um 40 Prozent auf 3,65 Milliarden Euro nach oben. Die Ticketpreise seien dank eines starken Ostergeschäfts im Jahresvergleich um durchschnittlich 42 Prozent gestiegen, hiess es zur Erklärung.

Ein Jahr zuvor hatte der Schock über einen Krieg in Europa die Ticketnachfrage einbrechen lassen, woraufhin Ryanair die Preise gesenkt hatte. Diesmal verdiente die Gesellschaft unter dem Strich fast 663 Millionen Euro und damit noch etwas mehr als von Analysten im Schnitt erwartet. Ein Jahr zuvor hatte das Unternehmen nur einen Gewinn von rund 188 Millionen erzielt.

Für die wichtigste Reisesaison von Juli bis September rechnet die Ryanair-Spitze nicht mit einem so starken Preisanstieg wie im abgelaufenen Quartal. Schliesslich hatte sich die Nachfrage schon im Sommer 2022 von dem Kriegsschock erholt, sodass die Vergleichsbasis höher liegt als im ersten Geschäftsquartal. Dennoch dürften die Tickets im Schnitt um einen niedrigen zweistelligen Prozentsatz teurer ausfallen als ein Jahr zuvor, erwartet das Management.

Für Unmut sorgt bei den Iren erneut der US-Flugzeugbauer Boeing. Denn wegen Problemen in den Lieferketten hängt der Hersteller bei den Auslieferungen der Mittelstreckenjets vom Typ 737 Max um mehrere Monate hinterher. Daher kann Ryanair die Flotte nicht so schnell vergrössern wie bisher geplant.

Für das gesamte Geschäftsjahr bis Ende März 2024 rechnet Ryanair-Chef Michael O'Leary daher nur noch mit 183,5 Millionen Fluggästen. Das sind zwar neun Prozent mehr als im Vorjahr. Im Mai hatte das Management jedoch noch einen Anstieg auf 185 Millionen in Aussicht gestellt.

Erst im Mai hatte Ryanair bei Boeing 150 Mittelstreckenjets in der Langversion 737 Max 10 bestellt und sich Optionen auf weitere 150 Exemplare gesichert. Diese Variante ist noch nicht von den Behörden zugelassen. Bei den derzeit erwarteten Jets handelt es sich um die 737 Max 8200, eine Spezialversion für Billigfluggesellschaften mit mehr Sitzen und zusätzlichen Türen. Ryanair will mit den Jets die eigene Flotte vergrössern und ältere Maschinen aus der Vorgängerversion ersetzen, die mehr Kerosin verbrauchen als die Max-Generation.

Boeing steckt seit Jahren in einer Krise. Nach dem Absturz zweier Jets aus der 737-Max-Reihe bei Airlines in Indonesien und Äthiopien durfte dieser Typ ab März 2019 lange weltweit nicht abheben. Inzwischen gelten die technischen Probleme als gelöst, und die meisten Flugverbote sind längst wieder aufgehoben. Allerdings haben Boeing und sein europäischer Konkurrent Airbus inzwischen mit Engpässen in den Lieferketten zu kämpfen, wie sie auch anderen Branchen zu schaffen machen.

(AWP)