«Als Biologika-Unternehmen sind wir weltweit die Nummer zwei», sagte Sandoz-Konzernchef Richard Saynor in einem am Freitag veröffentlichten Interview der Nachrichtenagentur Reuters. «Mein Ziel ist es natürlich, die Nummer eins zu werden, und bei der Pipeline, die wir haben, sehe ich keinen Grund, warum das nicht gelingen sollte.» Führend in der Herstellung von Biosimilars ist derzeit der US-Konzern Pfizer, der aber immer stärker auf die Entwicklung neuer Medikamente statt auf die Herstellung von Nachahmerarzneien setzt.

Saynor will die Biosimilar-Pipeline von Sandoz auffüllen. Aktuell habe das Unternehmen 25 Biologika in der Entwicklung, sagte der Brite, der die Novartis-Sparte seit 2019 leitet. «Ich werde glücklicher sein, wenn es über 30 sind.» Acht Biosimlars vertreibt Sandoz bereits, in den nächsten zwei Jahren sollen fünf weitere auf den Markt gebracht werden. Neue Biosimilars in Europa und die USA, wo zahlreiche biologisch hergestellte Milliardenmedikamenten ihren Patentschutz verlieren werden, sieht der 56-Jährige als Schlüssel zur Erreichung der Wachstums- und Rentabilitätsziele. Das bestehende Produktions- und Vertriebsnetz könne die zu erwarteten neuen Präparate bewältigen, so dass der Umsatz schneller wachsen werde als die Kosten, sagte der Sandoz-Chef. «Was auch immer wir auf den Markt bringen, es wird sich positiv auf unser Geschäft auswirken.»

Die Biosimilars tragen aktuell nur etwa ein Fünftel zu den Verkaufserlösen bei, dominiert wird das Geschäft noch von herkömmlichen chemischen Medikamenten. Diese Wirkstoffe aus kleinen Molekülen stehen unter starkem Preisdruck und sind für die Hersteller weniger einträglich.

Sandoz hat seinen künftigen Aktionären steigende Umsätze und eine höhere Rentabilität in Aussicht gestellt. Vergangenes Jahr wuchs der Verkaufserlös währungsbereinigt um vier Prozent auf 9,07 Milliarden Dollar und die um Sonderfaktoren bereinigte operative Gewinnmarge (Ebitda) betrug 21,3 Prozent. Mittelfristig werden ein mittleres einstelliges Umsatzplus und 24 bis 26 Prozent Ebitda-Marge angepeilt. Die Analysten von Berenberg halten das für erreichbar. «Der Geschäftsmix verlagert sich hin zu margenstärkeren Biosimilars und Sandoz wählt ein schlankeres Betriebsmodell.»

Zu den Biotech-Milliardenarzneien, für die Sandoz Biosimilars entwickelt, gehören das Multiple-Sklerose-Mittel Tysabri von Biogen, das Arthritismedikament Humira von AbbVie, Prolia/Xgeva von Amgen zur Behandlung von Knochenkrebs sowie die Augenarznei Eylea von Bayer und Regeneron. Zusammen kommen diese Präparate auf einen Jahresumsatz von mehr als 40 Milliarden Dollar. Allerdings werden sich die Schweizer bei Biosimilars mit Konkurrenten wie Amgen, Fresenius, Organon, Teva und Boehringer Ingelheim messen müssen.

Inklusive der klassisch chemisch hergestellten Nachahmermedikamente (Generika) ist Sandoz gemessen am Bruttoumsatz bereits der weltgrösste Anbieter von Arzneien mit abgelaufenem Patentschutz. Eine Erhebung der Fachpublikation «The Generic Bulletin» vom August listet die Schweizer vor der israelischen Teva, dem US-Konzern Viatris und der indischen Sun Pharmaceuticals.

Noch müssen die Novartis-Eigentümer die Abspaltung von Sandoz billigen, doch es gibt kaum Zweifel daran, dass sie auf einer ausserordentlichen Generalversammlung später am Freitag dem Vorhaben zustimmen werden. Der Pharmariese aus Basel macht mit dem vor mehr als einem Jahr angekündigten Spin-off den vorerst letzten grossen Schritt eines fast zehn Jahre dauernden Umbaus, der den Konzern ganz auf das lukrative Geschäft mit patentgeschützten Medikamenten ausrichteten soll. Die Aktionäre werden für je fünf Novartis-Aktien eine Sandoz-Aktie erhalten. Handelsstart für Sandoz am Börsenparkett Zürich soll der 4. Oktober sein.

(Reuters)