Am 20. Juni senkte die Schweizerische Nationalbank (SNB) den Leitzins um 25 Basispunkte auf 1,25 Prozent. Als Reaktion darauf setzte der Zinsindex für Wohnimmobilien des Vergleichsportals Hypotheke.ch den im Herbst 2023 begonnenen Rückgang bis Mitte August mit erneuter Vehemenz fort. Seither hat sich der Index nur noch geringfügig auf 1,62 Prozent gesenkt. Der Rückgang war bei allen Laufzeiten gleich stark.
«Im Vergleich zum Höchststand im Oktober 2022 sind zehnjährige Festhypotheken heute gut 1,3 Prozentpunkte günstiger. Einen so starken Rückgang bei den Zinsen in weniger als zwei Jahren gab es zuletzt 2011», erklärt Finanzexperte Florian Schubiger von Hypotheke.ch gegenüber cash.ch die Übergeordnete Entwicklung. Der Zinsrückgang ist somit als «sehr deutlich» zu bewerten.
Nach wie vor dominiert eine inverse Zinsstruktur - der Saron-Satz mit 1,20 Prozent ist klar höher als Swapsätze für zwei bis 20 Jahre. «Die Swapsätze sind in den letzten vier Monaten um 0,70 Prozentpunkte gesunken. Der Saron hätte das Gleiche tun müssen – hat er aber nicht, weil er von der Geldpolitik der SNB ‹übersteuert› wird», sagt Giampiero Brundia, Hypothekenexperte und Geschäftsführer von Oxifina, auf Anfrage von cash.ch.
Auch die Renditen der zehnjährigen Staatsanleihen sind seit den Sommermonaten deutlich gefallen. Laut Schubiger sind für den Rückgang vor allem zwei Faktoren entscheidend gewesen: der Rückgang der Inflation und die Angst vor einer möglichen Rezession in den USA oder weltweit. Insbesondere Europa steht im Fokus, da die wirtschaftliche Erholung nicht wie erhofft voranschreitet.
Die Geldpolitik entfaltet entlang der Zinskurve bereits seit einiger Zeit keine Wirkung mehr. Die Zinsdifferenz zwischen den Marktzinsen für festverzinsliche Laufzeiten (zwei, fünf und zehn Jahre) und dem SNB-Leitzins beziehungsweise dem Saron hat sich stark erhöht. Die festverzinslichen Sätze liegen nun etwa 60 Basispunkte unter dem Saron-Satz, was zeigt, dass die Marktzinsen nicht mehr restriktiv wirken. Gleichzeitig sorgen die hohen Geldmarktsätze, die durch den erhöhten Leitzins bedingt sind, weiterhin für eine starke kurzfristige Nachfrage nach dem Franken, der in Zeiten globaler Unsicherheit als sicherer Hafen bevorzugt wird.
Die nächste geldpolitische Lagebeurteilung der SNB findet am 26. September statt – eine Woche nach der September-Sitzung der Federal Reserve. «Der aktuelle Leitzins der SNB ist zu hoch und sollte gesenkt werden. Die wesentlichen Gründe dafür liegen im Risiko einer zu niedrigen Inflation sowie im starken Franken, die eng miteinander verknüpft sind», sagt Burak Er, Leiter Research beim Immobilien- und Hypothekendienstleister Avobis, gegenüber cash.ch. Er rechnet damit, dass die SNB in den kommenden drei geldpolitischen Lagebeurteilungen den Leitzins jeweils um 25 Basispunkte senken wird.
Schaufensterpreise zeigen inverse Zinskurve
Die aktuellen «Schaufensterpreise» für Schweizer Hypotheken mit fünf Jahren Laufzeit fangen auf den bekannten Vergleichsplattformen bei 1,49 Prozent an, bei Wohnkrediten über zehn Jahre lautet das günstigste Angebot auf 1,42 Prozent. Je nach Einkommen, Höhe des Eigenkapitals oder Art der Immobilie können andere Zinssätze ausgehandelt werden. Für Hypothekarnehmerinnen und -nehmer, die keine Top-Bonität mitbringen, können die Zinskosten allerdings auch deutlich höher ausfallen.
Die tiefste Marge für eine Saron-Hypothek liegt bei den Vergleichsplattformen bei 0,61 Prozentpunkten. Mit einem Saron-Satz von 1,21 Prozent, der sich direkt am Leitzins der SNB orientiert, liegen damit die tiefsten Zinskosten bei 1,82 Prozent. Da die inverse Zinskurve seit Monaten anhält, sind Festzinshypotheken gegenüber Saron-Hypotheken weiterhin klar im Vorteil.
«Schaufensterpreise» für Hypotheken auf Vergleichsplattformen (Stand 12. September 2024):
Hypotheke.ch* | Moneyland** | |
Saron (Marge) | 0,61 Punkte | 0,65 Punkte |
Festhypothek 5 Jahre | 1,49 Prozent | 1,47 Prozent |
Festhypothek 10 Jahre | 1,42 Prozent | 1,56 Prozent |
*Nur Topkonditionen, allgemeine Angaben - der tatsächliche Zins kann wegen verschiedener Faktoren höher sein. **Beste Konditionen für eine Neuhypothek über 800'000 Franken bei 1 Millionen Franken Immobilienwert im Kanton Zürich, Richtwerte.
Banken bieten bei Saron-Hypotheken in der Regel die besten Konditionen an, da viele Pensionskassen und Versicherungen Saron-Hypotheken entweder gar nicht oder nur in sehr begrenztem Umfang anbieten. Bei Festzinshypotheken hingegen werden Banken häufig von Versicherungen und Pensionskassen übertroffen. Schubiger sieht aktuell besonders bei Pensionskassen und Versicherungen gute Zinsen für längere Laufzeiten. Banken sind hingegen bei kürzeren Laufzeiten derzeit besonders konkurrenzfähig.
Laut Moneyland bietet derzeit die Banque Cantonale de Genève mit dem Programm Advantage Service die günstigste Saron-Hypothek an – ein Angebot von Online-Hypotheken. Auch bei den zehn- und fünfjährigen Festhypotheken zählt die Genfer Kantonalbank mit 1,49 und 1,59 Prozent zu den führenden Anbietern. Dicht dahinter folgen Swissquote, PostFinance, AXA und Generali.
Niedrigste Hypothekarzins-Richtwerte auf der Vergleichsplattform Moneyland (Stand 12. September 2024 08:00 Uhr):
Anbieter | Saron (Marge) | Anbieter |
Festhypothek 5 Jahre |
Anbieter |
Festhypothek 10 Jahre |
||
Banque Cantonale de Genève | 0,65 Pte. | Banque Cantonale de Genève | 1,47 Prozent | Banque Cantonale de Genève | 1,56 Prozent | ||
ZKB | 1,1 Pte. | Swissquote | 1,55 Prozent | PostFinance | 1,65 Prozent | ||
PostFinance | 1,55 Prozent | Swissquote | 1,66 Prozent | ||||
AXA | 1,57 Prozent | AXA | 1,67 Prozent | ||||
Generali | 1,62 Prozent | Generali | 1,67 Prozent |
1) Beste Konditionen für eine Neuhypothek über 800'000 Franken bei 1 Millionen Franken Immobilienwert im Kanton Zürich. 2) Die Richtwerte entsprechen im Vergleich den online publizierten Werten der Anbieter und gelten in der Regel für erstrangige Hypotheken und beste Bonität. 3) Zinssätze von Pensionskassen sind nicht im Vergleich von Moneyland enthalten, da oft zusätzliche Bedingungen notwendig sind.
«Ich gehe davon aus, dass die Saron-Hypothek in den nächsten sechs Monaten um 0,5 Prozentpunkte sinkt, weil die SNB den Leitzins zweimal um jeweils 0,25 Prozentpunkte reduziert», prognostiziert Brundia. Der Zinssatz für Festzinshypotheken wird sich seitwärts entwickeln, allerdings mit Schwankungen von bis zu 0,25 Prozentpunkten.
Auch Er von Avobis geht davon aus, dass das Abwärtspotenzial bei Festzinshypotheken weitgehend ausgeschöpft ist. Zwar könnte noch ein Spielraum von etwa 25 Basispunkten nach unten bestehen, aber es wird erwartet, dass sich das aktuelle Zinsniveau im Durchschnitt bis zum Jahresende stabil halten wird.
«Damit die Zinsen weiter fallen können, müsste der Markt davon ausgehen, dass die SNB den Leitzins im nächsten Sommer auf unter 0,75 Prozent senken wird», sagt Er. Ein solches Szenario könnte sich ergeben, falls der Franken trotz weiterer Zinssenkungen weiterhin stark bleibt und die SNB gezwungen ist, ihre Zinsdifferenz gegenüber dem US-Dollar und dem Euro zu vergrössern. Sollte der Markt jedoch zu der Einschätzung kommen, dass drei Zinssenkungen ausreichen oder keine weiteren erforderlich sind, dürften die langfristigen Zinsen ihr lokales Tief erreicht haben oder sich leicht nach oben bewegen.
Saron-Hypothek bleibt wohl teuer
Obwohl die Saron-Hypothek einen deutlichen Rückgang verzeichnen wird, bleibt sie im Vergleich zu Festzinshypotheken aufgrund der inversen Zinskurve teurer. Sinkt der Saron von 1,20 Prozent auf 0,70 Prozent und beträgt die Zinsmarge 0,75 Prozentpunkte, so liegt der Zinssatz nach Korrektur für die Saron-Hypothek bei 1,45 Prozent. Festzinshypotheken können derzeit günstiger abgeschlossen werden – beispielsweise sind dreijährige Finanzierungen ab 1,40 Prozent erhältlich.
«Wer davon ausgeht, dass der Saron um mehr als 0,5 Prozentpunkte sinkt, setzt auf die Saron-Hypothek. Wer mit einem stabilen Hypothekenzins von etwa 1,5 Prozent zufrieden ist, sollte auf Festzinshypotheken setzen – vorzugsweise mit längeren Laufzeiten aufgrund der flachen Zinskurve», rät Brundia.
Diesen Ratschlag des Experten befolgen bereits Hypothekarnehmerinnen und -nehmer, wenn man die Daten von hypotheke.ch als Ausgangslage nimmt. Festhypotheken mit einer Laufzeit von sieben bis zehn Jahren haben zulasten von Saron- und kurzlaufenden Festhypotheken an Beliebtheit gewonnen.
«Immobilienbesitzer sind sich bewusst, dass sie aktuell zu guten Konditionen langfristige Hypotheken abschliessen können. Ich teile diese Meinung und finde lange Laufzeiten derzeit attraktiv», so Schubiger. Oft werde vergessen, dass die Zinsen auch jederzeit wieder steigen können. Dazu braucht es nur ein oder zwei unerwartete Ereignisse, und schon ändert sich die Stimmung wieder.
Bei den aktuellen Zinsen kann man sich mit gutem Gewissen längerfristig binden. Nur wer wirklich an mehrere weitere Zinsschritte nach unten glaubt, sollte derzeit eine Saron-Hypothek abschliessen – vorausgesetzt, man hat das nötige finanzielle Polster, falls man mit der persönlichen Prognose falsch liegt.
Vergleichen und verhandeln
Es lohnt sich immer, Zinsen verschiedener Anbieter zu vergleichen. Das hängt auch damit zusammen, dass nicht alle Anbieter die Zinsen gleich schnell anpassen – sowohl nach oben als auch nach unten. Bei bestimmten Anbietern können Zinsen für bis zu einer Woche oder sogar länger provisorisch reserviert werden. Dadurch eröffnen sich Opportunitäten, die insbesondere bei starken Schwankungen genutzt werden können. Wer dabei richtig vorgeht, kann viel Geld sparen.
Dies gilt auch beim Verhandeln: Es ist sehr unwahrscheinlich, dass im Filialkanal ohne Verhandlung direkt der bestmögliche Zinssatz angeboten wird. Es gehört zum Geschäftsmodell der Banken, mit einem Zinssatz in die Verhandlung zu starten, bei dem noch Spielraum nach unten besteht.
2 Kommentare
Die Banken möchten die Saron Hypotheken loswerden.
Ich setze nach wie vor auf Saron.
Deutschland reisst den EURO auf seinem Sinkflug - leider - mit sich.
Die SNB wrmird den Leitzins auf 0, 5 oder tiefer senken müssen.
Wie kommen Sie darauf, dass die Banken die Saron Hypotheken los werden wollen? Ist doch für eine Bank eine gute Sache. Haben eine fixe Marge, unabhängig davon wie sich die Zinsen entwickeln. Damit kein Zinsänderungsrisiko. Oder übersehe ich hier etwas?