Die Titel des Nahrungsmittelmultis fielen am Montagmorgen auf 71,83 Franken und somit kurzzeitig auf den tiefsten Stand seit zehn Jahren. Am Dienstagnachmittag ging es mit den Valoren wieder leicht nach oben und werden zu 72,30 Franken gehandelt. Trotz Kursverlusten an der Börse können die Aktionäre mit einer Dividendenerhöhung fürs 2025 rechnen.
Seit der Zahlenpräsentation vom vergangenen Donnerstag hat der Nestlé-Titel 6 Prozent an Wert verloren. Mit den vorgelegten Zahlen bei Gewinn auf operativer Ebene und Marge hatte Nestlé auf den ersten Blick die Erwartungen der Analysten übertroffen. Die operative Marge hielt sich mit 16,5 Prozent besser als erwartet und auch das entsprechende Ziel von mindestens 16,0 Prozent für das Gesamtjahr wurde bestätigt. Einige Analysten merken in ihren Kommentaren allerdings an, dieses Versprechen bleibe fragil - schliesslich rechne Nestlé selbst mit zunehmendem Gegenwind im zweiten Halbjahr.
Für die Aktionäre ist die Lage ungemütlich. Seit Jahren erwirtschaftet Nestlé weniger Geld, als es für Investitionen, Dividenden und Aktienrückkäufe ausgibt. Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2024 belief sich der freie Cash Flow auf 16,67 Milliarden Franken. Dem standen Investitionsausgaben von 5,63 Milliarden Franken, die Dividendenausschüttung von 7,82 Milliarden Franken und Aktienrückkäufe von 5,64 Milliarden Franken gegenüber. Daraus resultiert bei den freien Geldmitteln ein Minus von 1,5 Milliarden Franken. Entsprechend ist der Verschuldungsgrad 2024 abermals angestiegen.
Ein steigender Verschuldungsgrad in einem Geschäftsjahr wie 2024 von 57 auf 61 Prozent ist kein Beinbruch. Problematisch ist, wenn der Verschuldungsgrad wie im Falle von Nestlé konstant steigt. In den letzten 10 Jahren ging es von 21 auf 65 Prozent hoch, wie Auswertungen von Bloomberg-Daten zeigen.
Negativer Ausblick beim Rating für Nestlé-Obligationen
Wie angespannt die Lage ist, zeigt ein Blick auf die Einschätzung der Rating-Analysten. Diese Beurteilungen sind oftmals ein guter Indikator für anstehende Probleme. Obligationen-Ratings sind eine staubtrockene und konservative Methode, um ein besseres Verständnis über die Schuldnerqualität zu erhalten.
Der Rating-Analyst Patrick Hasenböhler von der Zürcher Kantonalbank stuft die Bonität von Nestlé mit Doppel-A - sogenannt «AA» - immer noch mit der zweitbesten Bonität nach «AAA» ein. Allerdings fällt der Ausblick beim Nahrungsmittelmulti weiterhin negativ aus. Mit Blick auf das Halbjahresresultat schreibt der ZKB-Experte in einer Analyse am Montag, der starke Rückgang beim freien Cash Flow sei dem Schuldenabbau nicht zuträglich. «Die bonitätsrelevanten Kennzahlen haben sich in den letzten Jahren deutlich verschlechtert, in den letzten zwei Jahren haben sie sich jedoch auf einem niedrigeren Niveau einigermassen stabilisiert.»
Das adjustierte Ratio von Nettoverschuldung zum Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Net Debt/Ebitda) sei zwischen 2019 und 2024 hauptsächlich aufgrund der hohen Ausschüttungen an die Aktionäre von 1.5x auf 3.1x angestiegen. 2025 ist aufgrund des erwarteten tieferen Ebitda mit einem weiteren leichten Anstieg zu rechnen, so der Rating-Analyst der ZKB weiter.
Um einer weiteren Verschlechterung dieser Kennzahl entgegen zu wirken, hat Nestlé bereits im vergangenen November anlässlich des Kapitalmarkttages im November angekündigt, der Ausschüttung einer Dividende einen höhere Priorität beizumessen als Aktienrückkäufen. Nach dem Auslaufen des aktuellen Programms über 20 Milliarden Franken wurde keine neues aufgelegt.
Höhere Dividende absehbar
Durch das Wegfallen des Aktienrückkaufprogrammes dürfte bei Nestlé die Verschuldungsquote nicht mehr gross ansteigen und ab dem 2026 sinken. Bei einem freien Cash Flow von geschätzten 16 Milliarden Franken in 2025, Dividendenzahlungen von 8,2 Milliarden Franken und einem unveränderten Investitionsvolumen von 5,6 Milliarden Franken blieben theoretisch etwas mehr als zwei Milliarden Franken für den Schuldenabbau oder anderweitiges übrig.
In Bezug auf den weiteren Kursverlauf der Nestlé-Valoren stehen sich verschiedene Faktoren in der Quere. Als positives Argument ist die erwartete Erhöhung der Ausschüttung an die Aktionäre zu nennen. Die von Bloomberg befragten Analysten haben bei Nestlé eine Dividendenerhöhung im laufenden Geschäftsjahr auf 3,20 von 3,05 Franken eingepreist. Per Saldo wäre die prognostizierte Dividendenrendite von 4,3 Prozent ein überzeugendes Argument für den Erwerb von Nestlé-Valoren.
Doch irgendwie verfängt das nicht, selbst wenn Börsenhändler nun von einer Bodenbildung beim Titel sprechen. Die Handelsvolumen zeigen ein begrenztes Interesse unter den Investoren, bei diesen «Ausverkaufspreisen» zuzulangen. Dies, weil die Anlegerinnen und Anleger derzeit wohl dem Ausblick bei operativen Verbesserungen wie Umsatz- und Margenwachstum sowie der hohen Verschuldung eine höhere Bedeutung beimessen als der Dividendenrendite. Zudem sind dem Nahrungsmittelkonzern die Hände gebunden, mangels frei verfügbarem Kapital sinkende Notierungen über ein Aktienrückkaufprogramm aufzufangen.
2 Kommentare
Wieso frage ich mich will Herr Bulcke noch bis nächstes Jahr weitermachen? Das Abstimmungsresultat zur Verlängerung seines Mandates war katastrophal und hätte zur sofortigen Einsicht nicht weiterzumachen führen müssen. Herr Freixe hat sich bei einer mässigen Kurserholung dazu hinreißen lassen die Investoren darauf hinzuweisen einen günstigen Einstiegszeitpunkt verpasst zu haben. Engagement im operativen Geschäft ist gefragt und sicherzustellen, keine Tips für Anleger, besonders wenn diese wie man aktuell sieht haltlos sind. Z.B. Oatly Hafermilch preiswert zu erwerben u. dann über den Nestlevertrieb zu pushen wäre eine Schlagzeile wert. Es passiert nichts, garnichts u. das kennen Nestleaktionäre nicht!
Vielleicht sollte man Nestlé aus dem SMI nehmen. Ein Bleigewicht im Indize.