Er wisse aus den Gesprächen auf dem G7-Gipfel, dass "fast alle" von denen, die sich bei den Vereinten Nationen (UN) bei der Verurteilung Russlands enthalten hätten, mittlerweile genau wüssten, was gerade passiere und dass Russland aus imperialistischen Motiven die Ukraine überfallen habe, sagte Scholz am Sonntag in Hiroshima am Rande des G7-Gipfels. Macron hatte die Gespräche des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj mit Staats- und Regierungschefs von Schwellenländern wie Indien und Brasilien am Rande des Gipfels schon am Samstag als "Wendepunkt" bezeichnet.

Bisher hatten Staaten wie Indien, Brasilien und Südafrika eine klare Verurteilung und vor allem eine aktive Unterstützung der Ukraine gegen den russischen Überfall vermieden. Um die Gunst von Entwicklungs- und Schwellenländern auf der Südhalbkugel konkurrieren westliche Staaten mit Russland und China. Indien, Indonesien und Brasilien nehmen als Gastländer am Gipfel der sieben führenden westlichen Industriestaaten (G7) teil und trafen dort auch erstmals mit Selenskyj zusammen.

Scholz mahnte angesichts verschiedener Vorschläge für Friedensgespräche zwischen Russland und der Ukraine, dass das Ziel nicht ein "Einfrieren des Konflikts" sein und Russland einfach alle seine militärischen Eroberungen behalten könne. "Ein Ergebnis muss immer sein, dass Russland Truppen zurückzieht." Macron sagte am Sonntag, es gebe eine Gelegenheit, grosse Schwellenländer wie Indien und Brasilien von der Ukraine zu überzeugen.

Der ukrainische Präsident war am Samstag in Hiroshima eingetroffen. Er war mit einem französischen Regierungsflugzeug von Saudi-Arabien aus nach Japan geflogen. In Saudi-Arabien hatte er am Gipfeltreffen der Arabischen Liga teilgenommen, um dort ebenfalls um Unterstützung für die Ukraine zu werben.

Scholz bekräftigte die deutsche Hilfe für die geplante Frühjahrsoffensive der Ukraine zur Rückeroberung der von Russland besetzten Gebiete. Dies sei derzeit vorrangig. Die Zusage einiger westlicher Staaten zur Ausbildung ukrainischer Piloten auf F-16-Kampfjets sieht er dagegen vor allem als politisches Signal an Russland. "Das, was mit der Ausbildung von Piloten verbunden ist, ist ja ein längerfristiges Projekt", sagte Scholz in Hiroshima. Es sei etwa von den USA noch nicht "endgültig entschieden, was am Ende der Ausbildung stehen wird". Grossbritannien, das ebenfalls eine Ausbildung angeboten hat, verfügt wie Deutschland überhaupt nicht über die von der Ukraine gewünschten F-16-Kampfjets. "Aber es ist ein Projekt, das zunächst mehr eine Botschaft an Russland beinhaltet", sagte Scholz. Russland könne nicht darauf setzen, den Krieg gegen die Ukraine zu gewinnen, wenn es nur lange genug durchhalte. Die Unterstützung für die Ukraine werde nicht nachlassen. "Es bleibt die Botschaft: Russland muss Truppen zurückziehen."

Zugleich dämpfte der Kanzler die Hoffnung der Ukraine auf einen schnellen Nato-Beitritt des Landes. Auf dem Nato-Gipfel in Bukarest habe man der Ukraine eine Perspektive gegeben. "Aber das ist immer eine Entscheidung gewesen, bei den allen sehr klar ist, dass dies keine Sache ist, die in der nächsten, absehbaren Zeit stattfinden wird", sagte er im Interview mit "Welt.TV".

(Reuters)