Scholz bremste am Mittwoch in einer Regierungserklärung die Erwartungen auf weitreichende Entscheidungen der EU noch diese Woche, wie sie einige EU-Staaten gefordert haben. Europa brauche sich bei der Höhe der eigenen Subventionen in diesem Bereich nicht zu verstecken. Er verwies etwa auf 250 Milliarden Euro im Corona-Wiederaufbaufonds, die für Dekarbonisierung der europäischen Industrie bereitstünden.

"Wir werden uns also sehr genau anschauen, ob und wo unsere Programme noch Lücken lassen und wie man diese dann schliessen kann. Dafür braucht es aber zunächst eine sorgfältige Analyse, wie sie die Kommission in Aussicht gestellt hat", sagte Scholz. Zuvor war in der Regierungskreisen betont worden, dass man wegen der fehlenden Vorarbeit der Kommission nicht mit weitreichenden Beschlüssen rechnen solle. "Ein ungehemmter Subventionswettlauf mit den USA wäre aber mit Sicherheit der falsche Weg", betonte Scholz.

Die Antwort auf die US-Subventionen sind zentrales Thema auf dem EU-Sondergipfel am Donnerstag und Freitag. Sowohl Vizekanzler Robert Habeck als auch Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire hatten bei einem gemeinsamen Besuch in Washington erklärt, sie hätten Zugeständnisse der amerikanischen Regierung erhalten. Demnach sollen europäische Firmen in den USA nicht benachteiligt werden.

Scholz will Lockerung EU-Beihilferecht

Der Kanzler skizzierte, wie die EU auf die amerikanischen Hilfen reagieren sollte. Die Unternehmen bräuchten eine Flexibilisierung der Finanzinstrumente und schnellere Entscheidungen. Das europäische Beihilferecht müsse in den Bereichen für klimafreundliche Technologien gelockert werden. Die Vorschläge der EU-Kommission gingen in die richtige Richtung. In der Bundesregierung wird aber eine generelle Lockerung des Beihilferechts abgelehnt. Einige EU-Staaten lehnen zu weite Öffnungsklausel für nationale staatliche Hilfen ab, weil sie fürchten, gegenüber finanzstarken Ländern wie Deutschland zurückzufallen.

Nach einem Treffen mit Scholz hatte etwa die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni vergangenen Freitag auf faire Wettbewerbsbedingungen gepocht. Die Bundesregierung lehnt die von Meloni geforderte völlige Flexibilisierung der verschiedenen EU-Fördertöpfe aber ab. Dann drohe, dass Regierungen das Geld nicht mehr in zukunftsgerichtete Bereiche steckten, heisst es in Regierungskreisen.

Scholz forderte zudem den Aufbau grösserer europäischer Produktionskapazitäten für klimafreundliche Technologien etwa im Energie-, Bau- und Verkehrsbereich. Dafür sei nötig, dass die EU-Kommission zeitlich befristet eine bessere staatliche Förderung für sogenannte Transformationstechnologien erlaube.

Der Kanzler forderte auch Fortschritte bei der EU-Handelspolitik. Mit einer Deglobalisierung könne man die Klimaschutzziele nicht erreichen. Der SPD-Politiker plädierte für offene Märkte. Die EU-Abkommen mit Neuseeland und Chile sollten zügig in Kraft gesetzt und die Verhandlungen mit Australien, Indien und Indonesien rasch vorangebracht werden. "Und auch die Wirtschaftsbeziehungen zu den USA wollen wir weiter vertiefen", sagte Scholz.

VDA kritisiert «unfaire Praxis» der USA

Während Arbeitgeber-Präsident Rainer Dulger ebenfalls vor einem Subventionswettlauf mit den USA warnte, kritisierte der Automobilverband VDA die US-Regelungen. "Der mit dem IRA gewählte protektionistische und diskriminierende Regelungsansatz steht allerdings im Widerspruch zu einem offenen Warenhandel", teilte VDA-Präsidentin Hildegard Müller mit. " Dulger plädierte dafür, Transformation durch Anreize zu fördern. "Weniger Verbote, mehr Incentives", forderte er am Dienstagabend in Berlin. Im mehrere hundert Milliarden US-Dollar schweren Förderprogramm der USA für klimafreundliche Technologien sieht Dulger den richtigen Ansatz. Der sogenannte Inflation Reduction Act (IRA) setze nicht auf staatliche Regulierung, sondern auf Anreize: "Ich glaube, das ist für eine wirtschaftlich orientierte Gesellschaft der bessere Weg."

(Reuters)