Die gestiegenen Renditen für Staatsanleihen sind ein Alarmsignal für die Regierungen. Denn höhere Marktzinsen signalisieren, dass die Kreditkosten steigen könnten. «Die globalen Märkte beginnen langsam zu wackeln, angeführt von den Anleihenmärkten», heisst es in einer Analyse des Bankhauses Metzler. Hier ein Überblick über die Entwicklung und deren Gründe:

GROSSBRITANNIEN

Die Lage: Die Renditen für britische Staatsanleihen mit langen Laufzeiten markierten am Mittwoch den höchsten Stand seit 1998. Die für die sogenannten Gilts mit 30-jähriger Laufzeit erreichten in der Spitze 5,752 Prozent, die 20-jährigen 5,597 Prozent. Die britischen Kreditkosten sind damit die höchsten unter den G7-Staaten. Die Renditen der zehnjährigen Gilts, die als Richtschnur für die Kreditkosten der britischen Regierung gelten, kletterten auf den höchsten Stand seit Januar. Sie lagen bei 4,860 Prozent.

Die Gründe: Händler verweisen neben der vergleichsweise hohen Inflation auf der Insel auf Sorgen der Anleger angesichts des angespannten Staatshaushalts. Finanzministerin Rachel Reeves dürfte in der zweiten Novemberhälfte ihren Etat vorlegen. Investoren seien besorgt, dass mögliche Steuererhöhungen das Wachstum dämpfen könnten, ohne jedoch hohe Einnahmen zu erzielen, sagt Portfoliomanagerin Emma Moriarty von CG Asset Management. «Die Marktteilnehmer fürchten ein steigendes Angebot an Anleihen», erklärt sie. «Und dies in einem Umfeld, in dem die traditionell preisunsensiblen Käufer - die Zentralbanken im Rahmen ihrer Anleihenkaufprogramme und die Pensionsfonds - möglicherweise nicht in gleichem Masse reagieren können.» Investoren müssen daher mit höheren Zinsen gelockt werden.

DEUTSCHLAND

Die Lage: In Deutschland erreichte die Rendite der 30-jährigen Bundesanleihe am Dienstag den höchsten Stand seit 2011. Am Mittwoch lag sie wenig verändert bei 3,413 Prozent.

Die Gründe: Experten führen die Entwicklung auch auf die Politik der schwarz-roten Koalition zurück. «Die Schuldenbremse ist weitgehend aufgeweicht, und die Bundesregierung will viel höhere Schulden machen», sagt Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer. Entsprechend gingen Investoren davon aus, dass der Bund deutlich mehr langlaufende Anleihen ausgeben werde. «Die Anleger fordern vor allem deshalb höhere Renditen», erklärt Krämer. Hinzu komme, dass sich die meisten westlichen Staaten ebenfalls deutlich höher verschuldeten und auch dort die Renditen stiegen. «Wenn Anleger in anderen Ländern höhere Renditen bekommen, fordern sie auch für Bundesanleihen eine höhere Verzinsung.»

FRANKREICH

Die Lage: Die Rendite 30-jähriger Staatsanleihen markierte aufgrund von Haushaltssorgen den höchsten Stand seit mehr als 16 Jahren. Sie lag zeitweise bei 4,523 Prozent, dem höchsten Niveau seit Juni 2009.

Der Grund: Die Etatprobleme ziehen eine politische Krise nach sich. Premierminister François Bayrou könnte eine Vertrauensabstimmung am Montag wegen seines Sparprogramms verlieren. Die rechte Partei Rassemblement National erwartet bereits vorgezogene Neuwahlen. Die französische Staatsverschuldung könnte derweil weiter steigen. Ökonomen der Bank ING weisen darauf hin, dass die Regierung eine Senkung der Schuldenquote auf 117,2 Prozent bis 2029 anstrebt. Ohne Reformen wird ein Anstieg auf 125,3 Prozent prognostiziert.

USA

Die Lage: Die richtungsweisenden Treasuries mit zehnjähriger Laufzeit legten im Wochenverlauf auf 4,269 Prozent zu, während die 30-Jährigen mit 4,999 Prozent den höchsten Stand seit anderthalb Monaten erreichten.

Der Grund: Ein US-Berufungsgericht hat die von Präsident Donald Trump verhängten Zölle für rechtswidrig befunden. Trump hofft nun, dass der Oberste Gerichtshof rasch eine endgültige Entscheidung dazu trifft. Trumps Zollpolitik ist ein zentraler Pfeiler seiner Wirtschaftsagenda, die Hunderte Milliarden Dollar in die Staatskassen spülen soll. «Wenn der Supreme Court die Zölle für rechtswidrig erklärt, muss die Regierung das gesamte Geld zurückzahlen», sagt Anlageexperte Robert Pavlik vom Vermögensverwalter Dakota Wealth. «Wenn die Verschuldung steigt, werden die Renditen weiter steigen.»

JAPAN

Die Lage: Die Rendite 30-jähriger japanischer Staatsanleihen erreichte am Mittwoch ein Rekordniveau. Sie notierte bei 3,255 Prozent.

Der Grund: Die Regierung in Tokio plant für das kommende Haushaltsjahr mit dem dritten Rekordetat in Folge. Sie muss bereits Rekordkosten für den Schuldendienst aufbringen. Auch die Sozialausgaben steigen wegen der schnell alternden Gesellschaft. «Es geht vor allem um die Sorgen über die Haushaltsdefizite der Regierungen und die Folgen für die Emission von Anleihen», sagt Analystin Skye Masters von der National Australia Bank. Japan ist die am höchsten verschuldete Industrienation.

(Reuters)