Die Jahresteuerung in der Schweiz ist im Mai weiter zurückgegangen und liegt nun im negativen Bereich. Konkret kam die Teuerung bei -0,1 Prozent zu liegen, nach 0,0 Prozent im Vormonat, wie das Bundesamt für Statistik am Dienstag bekannt gab. Letztmals war die Teuerung im März 2021 negativ. Das sagen Ökonomen:

Thomas Gitzel, Chefökonom VP Bank:

«Noch vor drei Jahren galt es als abwegig, dass die Teuerung wieder unter 0 Prozent rutschen würde. Doch der starke Franken vergünstigte den Import von Waren so stark, dass davon ein teuerungsdämpfender Effekt ausging. Die Kerninflationsrate sinkt auf 0,5 Prozent.

Eine Zinssenkung der Schweizerischen Nationalbank (SNB) um 25 Basispunkte auf 0 Prozent in zwei Wochen ist so gut wie abgemacht. Oder um es anders zu formulieren: Derzeit gibt es kaum Argumente, die für ein Stillhalten der eidgenössischen Währungshüter sprechen.

Die Frage an den Finanzmärkten ist ohnehin nicht, ob die SNB auf 0 Prozent senkt, sondern was danach folgt. Aus unserer Sicht dürften Negativzinsen auch für die SNB ein ungeliebtes Instrument sein, als Mittel der letzten Wahl wird es aber im Zweifelsfall wohl dennoch zum Einsatz kommen. Devisenmarktinterventionen sind aufgrund zu befürchtender US-Sanktionen so gut wie ausgeschlossen.

Da sich die SNB die Einführung von Negativzinsen nicht leicht machen dürfte, ist für die September-Sitzung tatsächlich von einem vorläufigen Festhalten an den Nullzinsen auszugehen.»

Frederik Ducrozet, Leiter Macroeconomic Research, Pictet Wealth Management:

«Die Schweizer Inflation ist erstmals seit vier Jahren wieder negativ und sank im Mai auf -0,1 Prozent (Jahresvergleich). Die SNB wird es schwer haben, erneut negative Leitzinsen zu vermeiden – das ist der Preis der Stabilität.»

Daniel Kalt, Chefökonom UBS Schweiz:

«Die Schweiz am Rande der Deflation. Erstmals seit 2021 lag die Teuerung im Mai wieder unter null. Die Preise für importierte Güter und Dienstleistungen sinken aufgrund tieferer Energiepreise und starkem Franken schon seit längerer Zeit. Seit Mitte 2024 sinkt auch die Teuerung von inländischen Güter und Dienstleistungen kontinuierlich. Vieles spricht dafür, dass die Schweizerische Nationalbank an ihrer geldpolitischen Lagebeurteilung am 19. Juni den Leitzins ein weiteres Mal auf 0 Prozent senken wird.»

Josie Anderson, Research Analyst Nomura

«Der negative Teuerung wird der SNB Sorgen bereiten und die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung noch in diesem Monat weiter erhöhen. Die Inflationsprognose der SNB vom März lag im zweiten Quartal bei durchschnittlich 0,3 Prozent pro Jahr, und die heutigen Daten machen es noch wahrscheinlicher, dass diese Prognose deutlich verfehlt wird. Unsere Prognose liegt im Juni bei -0,1 Prozent pro Jahr, was den Durchschnitt des zweiten Quartals auf -0,1 Prozent bringen würde. Wir gehen davon aus, dass die SNB ihren Leitzins in diesem Jahr zweimal um 25 Basispunkte senkt, im Juni und September, wodurch der Leitzins auf -0,25 Prozent sinkt. Die heutigen Daten machen diese Senkungen wahrscheinlicher. Es besteht zudem ein erhöhtes Risiko für eine stärkere Senkung im Juni.»

(cash)