Privatanlegerinnen und -anleger und auch Institutionelle Investoren schauen permanent auf die Management-Transaktionen der Website der Swiss Exchange Regulation. Dort müssen Top-Manager und Verwaltungsräte ihre auf privater Basis getätigten Käufe und Verkäufe der Aktien der «eigenen» Firma offenlegen. Im angelsächsischen Sprachraum werden diese Transaktionen "Directors’ Dealings" oder salopp "Insider Deals" genannt.

Insider deshalb, weil die Teppichetage ja mehr weiss über den Zustand des Unternehmens als die breite Öffentlichkeit. Kaufen Manager Wertpapiere, kann dies zur Annahme führen, dass sie das Unternehmen und damit den künftigen Aktienkurs in einer guten Phase sehen. Ein Verkauf dagegen kann als negatives Signal gedeutet werden. Wenig eine Bedeutung haben Veräusserung oder Zukäufe, die sich nach einem Bonus- oder sonstigem Vergütungsplan richten.

Viele Unternehmen befinden sich derzeit vor den Jahres- oder Quartalsabschlüssen und daher oft in einer selbst auferlegten "Quiet Period". In dieser Phase wird zwecks Vermeidung von juristischem Ärger nichts nach aussen kommuniziert. Zurückhaltung herrscht auch bei den Management-Transaktionen.

Auch mit dieser Einschränkung fällt auf, wie wenig die "Firmen-Insider" derzeit Aktien verkaufen und vor allem kaufen. Das zeigt ein Vergleich mit den ersten drei Wochen des Jahres 2022, einer Phase also, als der lange Fall von den Börsen-Rekordständen erst einsetzte. Vor Jahresfrist kauften Führungskräfte von immerhin 13 verschiedenen Schweizer Firmen Aktien auf privater Basis dazu. In den ersten drei Wochen 2023 sind es nun bloss sieben Firmen. Bei den Aktien-Verkäufen von Aktien ist das Verhältnis zwischen 2022 und diesem Jahr 5:4, also ausgeglichen. Der Schock wegen des Börsenrückgangs 2022 sitzt also auch den Führungskräften in den Knochen.

Käufer bei Temenos

Bei den Aktien-Käufen fallen seit Jahresbeginn indes die zwei Transaktionen durch einen oder zwei Verwaltungsräte von Temenos im Wert von etwas über 50'000 Franken auf. In der Summe zwar bescheiden, könnten die Aktien-Käufe eine Signalwirkung haben für eine Wende zum Besseren. Der kriselnde Banken-Softwarehersteller setzte Anfang letzter Woche CEO Max Chuard avor die Tür, Verwaltungsratspräsident Andreas Andreades wird ihm nach der nächsten Generalversammlung folgen. Die Aktie, die seit dem Rekordhoch Mitte Juni 2019 rund 65 Prozent gesunken ist, hat seit der Meldung rund 8 Prozent dazugewonnen.

Bei einem anderen Krisenunternehmen, der MCH Group, haben ebenfalls ein oder zwei Verwaltungsräte Aktien gekauft, und zwar im Wert von rund 200'000 Franken. Der defizitäre Messebetreiber geriet wegen der Corona-Pandemie in erhebliche Schwierigkeiten und refinanzierte sich letzten Herbst mit einer Kapitalerhöhung.  Noch im Mai 2017 kostete die MCH-Aktie etwas über 80 Franken, heute sind es knapp 5 Franken.

Erwähnenswert auf der Käufer-Seite ist auch ein Paket von 385 Aktien im Wert von rund 43'000 Franken durch einen Verwaltungsrat der Immobiliengesellschaft PSP. Der Titel ist in diesem Jahr bereits 13 Prozent gestiegen.

Der Zweiradbauer Pierer Mobility ist ein Stammgast auf der Website der Management-Transaktionen. Im bisherigen Jahresverlauf kam es zu einem Verkauf und einem grösseren Verkauf von Aktien. Allerdings darf man in die fast inflationär vorkommenden Transaktionen aus der Pierer-Chefetage nicht allzu viel hineininterpretieren. Laut der Firma stecken hinter den Transaktionen Beteiligungsvehikel, welche dem "Market Making" der wenig gehandelten Pierer-Aktien dienen. Die Firma hat an der Börse wegen der Mehrheitsbeteiligung von Stefan Pierer nur einen geringen Anteil frei handelbarer Aktien.

Eine Verkaufslawine bei Lindt

Die auffälligsten Aktien-Verkäufe im noch jungen Jahr stammen aus dem Hause Lindt & Sprüngli. In drei Tranchen hat ein Mitglied der Geschäftsleitung (oder auch mehrere) Partizipationsscheine (PS) für über 2 Millionen Franken verkauft. Das ist allerdings ein Pappenstiel mit Blick auf die letzten Monate. Seit März 2022 kam es zu Wertpapier-Verkäufen für fast 60 Millionen Franken durch die Führungskräfte. Demgegenüber standen bloss drei Käufe von Aktien und PS im Wert von vergleichsweise mickrigen 1,2 Millionen Franken im gleichen Zeitraum. Der PS von Lindt hatte letztes Jahr über 25 Prozent nachgegeben.

Zufall oder tatsächlich ein schlechtes Signal für die Schokoladeindustrie? Ein Geschäftsleitungsmitglied des Schokoladeproduzenten Barry Callebaut gehört ebenfalls zu den wenigen Aktienveräusserern in diesem Jahr. Mit Meldedatum Ende letzter Woche wurden 20 Wertpapiere des Unternehmens für fast 40'000 Franken auf den Markt geworfen. Die Aktie von Barry schnitt mit einem Minus von 17 Prozent etwas weniger schlecht ab als der PS von Lindt.

In den USA ist die Situation im Übrigen nicht viel anders als in der Schweiz. Dort sind die Top-Manager ebenfalls noch nicht als Käufer von firmeneigenen Aktien an die Märkte zurückgekehrt. "Was im Moment auffällt, ist der Mangel an Aktien-Käufen, obwohl die Preise so stark gefallen sind. Das ist eine Art Warnung", gab Nejat Seyhun dem "Wall Street Journal" jüngst zu Protokoll. Seyhun ist Finanzprofessor an der University of Michigan und hat viel Forschungsarbeit in das Thema der "Directors’ Dealings" gesteckt.

Mehr noch: Die Firmenverantwortlichen verhielten sich in den USA auffallend konträr zur grossen Anlegermasse: Während die Retailinvestoren und "Institutionelle" 2021 mit ihren Aktienkäufen den Börsen zu einem grossen Jahresplus verhalfen, verkauften die Führungskräfte im selben Jahr eine Rekordmenge an privat gehaltenen Firmen-Aktien. Ein schlechtes Signal? Etliche Manager werden sich jedenfalls über allzu frühe Aktien-Verkäufe im Jahr 2021 geärgert haben.