Der Vakuumventilhersteller VAT gehört mit einem Kursplus von 38 Prozent 2023 zu den Überfliegern an der Schweizer Börse, die gemessen am Swiss Performance Index (SPI) nur 5 Prozent zugelegt hat. Dieser rasante Anstieg folgt auf einen regelrechten Absturz im Jahr 2022: Der Aktienkurs halbierte sich zwischen Januar und Oktober.

Dass die Aktie dieses Jahr derart angezogen hat, ist wohl nicht der rapportierten Geschäftsentwicklung geschuldet. Der Gewinn von VAT ist im ersten Semester eingebrochen, wie das Unternehmen Ende Juli vermeldete. Dass es nicht reibungslos läuft, wurde schon zuvor bekannt: Der Vakuumventil-Hersteller sah sich im Juni wegen des schwachen Geschäftsgangs zur Einführung von Kurzarbeit genötigt. 

Die Prognose für das Gesamtjahr bekräftigte das VAT-Management aber mit den Halbjahreszahlen. Demnach sollen Umsatz, EBITDA, EBITDA-Marge, Nettogewinn und freier Cashflow unter den Vorjahreswerten zu liegen kommen. 

VAT ist ein weltweit tätiges Unternehmen in der Entwicklung und Herstellung von Vakuumventilen, Mehrventilmodulen und Metallbälgen. Es ist eingeteilt in die Segmente Ventile und Global Services. Anwendungsgebiete der Produkte sind die Halbleiterindustrie, Flachbildschirme, Fotovoltaikpanels und Industrieanwendungen.

Hauptgrund für den Rückgang beim Umsatz und Gewinn ist der zyklische Abschwung in der Halbleiterbranche, dem wichtigsten Standbein von VAT. Die Talsohle soll jedoch schon erreicht worden sein. Mit einer Erholung der Nachfrage rechnet das Unternehmen im weiteren Verlauf des Jahres. Letzteres wird wohl - neben dem allgemeinen KI-Hype für Halbleiter-Aktien - in den Aktienkurs eingepreist und ist für die starke Performance verantwortlich. Gerade Künstliche Intelligenz benötigt komplexe und leistungsstarke Chips, die ein Vakuum erfordern.

VAT teuer bewertet

Für Robin Seydoux, Analyst bei Research Partners, ist der Titel historisch gesehen aber teuer. «Der aktuelle Aktienkurs impliziert ein Umsatzwachstum von 18 Prozent und eine EBITDA-Marge von 34 Prozent im Jahr 2024», sagt Seydoux gegenüber cash.ch. Er habe die Aktie nach den Halbjahresergebnissen aufgrund der Bewertung auf «Hold» herabgestuft.

Auch mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 43 ist der Titel wahrlich kein Schnäppchen. Der Auftragseingang stimmt zwar zuversichtlich und deutet tatsächlich darauf hin, dass die Talsohle erreicht ist und die Dynamik im dritten und vierten Quartal weiter Fahrt aufnehmen wird. Angesichts des erwarteten Aufschwungs im Halbleiter-Geschäft und der starken Positionierung von VAT im Ventilgeschäft relativiert sich das aktuelle Bewertungsniveau für den Wachstumswert wohl teilweise.

«Laut dem letzten Stand erwarten Branchenanalysten für 2024, dass der Halbleitermarkt um 14,4 Prozent auf 100 Milliarden Dollar wächst», sagt Seydoux. Eine Ungewissheit bestehe darin, wie schnell sich die Halbleiterindustrie von der aktuellen Schwächephase erholen werde. Raum für Enttäuschungen ist daher vorhanden.

Nicht der richtige Zeitpunkt für Zukauf 

Gleichzeitig mit den eher ernüchternden Halbjahreszahlen ist Urs Gantner zum neuen Chef berufen worden. Er wird das Amt beim Hersteller von Vakuumventilen am 1. Januar 2024 antreten. Gantner ist bereits seit knapp 20 Jahren bei VAT tätig. Er startete seine Karriere als Produktmanager und stieg dann im Unternehmen auf. Seit 2015 leitet er den zentralen Halbleiterbereich. Unter Gantners Führung hat sich das Halbleitergeschäft mehr als verdoppelt.

Seydoux erwartet, dass VAT bis 2027 zumindest das untere Ende der  langfristigen Prognose von 1,8 bis 2,2 Milliarden Franken Umsatz und einer EBITDA-Marge von 36 bis 37 Prozent erreichen wird. Denn das Unternehmen trumpft mit einer sehr starken Marktposition, einer hohen Produktinnovation, Skaleneffekten und einer zunehmenden Produktionspräsenz im Niedrigkostenland Indonesien auf.

Ob aber jetzt der richtige Zeitpunkt für einen Zukauf bei dieser Aktie darstellt, darf trotz dieser langfristig guten Wachstumsaussichten wegen der hohen Bewertung bezweifelt werden. Es ist kein Zufall, dass die Mehrheit der von Bloomberg befragten Analysten ein «Hold»-Rating hat und die Aktie im Durchschnitt nur 3 Prozent höher sieht.  

ManuelBoeck
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