Neu rechnet die Expertengruppe des Bundes im laufenden Jahr 2022 mit einem Wachstum des realen Bruttoinlandproduktes (BIP) von 2,8 Prozent, wie das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) am Mittwoch mitteilte. Vor drei Monaten hatte die Prognose noch auf plus 3,0 Prozent gelautet. Für 2023 wird nun ein BIP-Wachstum von 1,6 statt 1,7 Prozent vorausgesagt.

Mit ihrer Prognose für 2022 sind die Bundesökonomen vergleichsweise optimistisch. Die meisten anderen Auguren erwarten ein Wachstum von 2,5 Prozent oder weniger.

Stärkere Kriegs-Effekte

Grundsätzlich setze sich die Erholung von der Corona-Krise fort, heisst es denn auch in der Mitteilung. Im Gastgewerbe und im Freizeitbereich gebe es noch Aufholpotenzial. Der gut laufende Arbeitsmarkt stütze zudem den Konsum, und die Inflation sei im internationalen Vergleich nach wie vor moderat.

Die Aussichten für die internationale Konjunktur hätten sich allerdings eingetrübt, wird die gesenkte Prognose begründet. Gemäss der Expertengruppe könnten vor allem die negativen Effekte des Ukraine-Kriegs stärker ausfallen als bisher erwartet.

Erwähnt werden insbesondere die gestiegenen Preise für Energie und Grundnahrungs- sowie Futtermittel. Der damit einhergehende Teuerungsdruck laste auf der Nachfrage in wichtigen Handelspartnerländern und habe damit Folgen für die Schweizer Exportwirtschaft. Daneben sei in China wegen der strikten Corona-Politik mit einer deutlich schwächeren Entwicklung zu rechnen.

Dies alles führt laut der Seco-Mitteilung auch zu mehr Unsicherheit, was wiederum die Investitionsfreude der Unternehmen trübe. Stark rückläufig werden auch die Bauinvestitionen erwartet.

Höhere Inflationsprognose

Die Teuerung, für welche die Expertengruppe die Prognose deutlich angehoben hat, könnte zudem dämpfende Effekte auf den hiesigen Konsum haben. Die Jahresteuerung 2022 wird nun bei 2,5 statt 1,9 Prozent gesehen, jene im Jahr 2023 bei 1,4 statt 0,7 Prozent.

Für den Arbeitsmarkt geht die Expertengruppe derweil von einer weiteren Erholung aus und erwartet im Jahresdurchschnitt 2022 weiterhin eine Arbeitslosenquote von 2,1 Prozent, gefolgt von 2,0 Prozent im Jahr 2023.

Es könnte schlimmer kommen

Das Seco betont gleichzeitig die Risiken für die Prognosen. Die Unsicherheit sei aktuell sehr hoch. Auch ohne eine internationale militärische Eskalation bestehe das Risiko von grösseren wirtschaftlichen Auswirkungen.

Insbesondere würde die Schweizer Wirtschaft "empfindlich" getroffen, sollte es wegen weitgehenden Ausfällen von Erdgas aus Russland zu einem deutlichen Abschwung bei wichtigen Handelspartnern kommen. In einem solchen Szenario müsste auch hierzulande mit hohem Preisdruck bei gleichzeitig rückläufiger Wirtschaftsentwicklung gerechnet werden. Konkret enthält dieses "Negativszenario" für 2023 ein Nullwachstum und eine Inflationsrate von über 2 Prozent.

Erwähnt werden auch die Zinsrisiken, die erhöhte Wahrscheinlichkeit einer Korrektkur an den Finanzmärkten und Gefahren am Immobilienmarkt. Und auch Rückläge bei der Pandemie, etwa wegen neuer Virusvarianten, seien nicht ausgeschlossen.

(AWP)