Das Sammeln von Münzen liegt im Trend - es geriet eigentlich auch nie richtig aus der Mode. In der Numismatik - dem Sammeln von wertvollen und speziellen Münzen - konnte man bereits vor der Corona-Pandemie einen wesentlichen Aufschwung am Markt beobachten: "Gründe dafür sind mitunter neben dem gestiegenen Wohlstand vor allem in Schwellenländern sicherlich auch die 'Flucht' der Sammler und Anleger in Realwerte aus Angst vor der Entwertung von Bar- und Buchgeld", sagt Michael Hardmeier, Geschäftsleitungsmitglieder des Auktionshauses Sincona in Zürich, auf Anfrage von cash.ch.

Münzen sind neben dem Inflationsschutz als Anlageobjekt auch deswegen attraktiv, da diese vergleichsweise hohen Wert auf kleinsten Raum bieten. "Auch etablierten sich verschiedene Fonds, welche ihr Kapital in Numismatik investieren, was ebenfalls zu einer Erhitzung des Marktes beigetragen hat, zumal deren Ressourcen beinahe unbeschränkt sind", fügt Hardmeier an. Vor allem bei Grossgoldmünzen aus Grossbritannien oder dem Römisch Deutschen Reiches konnte eine überdurchschnittliche Steigerung feststellt werden. Doch auch Münzen aus der Schweiz bieten sich als Anlageobjekt an.

Die teuerste und seltenste Schweizer Münze

Ordnet man Schweizer Münzen ein, muss man eine klare zeitliche Trennung vornehmen. Die Schweizer Eidgenossenschaft - oder die heutige Schweiz, so wie wir sie kennen - existiert seit dem 12. September 1848 als moderner Bundesstaat. Und ab dem Jahre 1850 gibt dieser Münzen heraus. Vor dieser Zeit hatte jeder Kanton eigene Münzen herausgebracht. Man spricht daher bei Münzen vor 1850 von Kantonsmünzen. Ab 1850 spricht man von Schweizer Münzen mit der Währung Schweizer Franken.

"Die kostbarste Schweizer Münze mit einem aktuell geschätzten Wert von 500‘000 Franken ist das 5-Franken-Stück aus dem Jahr 1886", sagt Marianne Rapp Ohmann, Geschäftsleiterin vom Auktionshaus Rapp, auf cash-Anfrage. Die Münzstempel waren in einem derart schlechten Zustand, dass die Produktion nach einigen Stücken wieder eingestellt werden musste. Erkennbar ist der prekäre Zustand des Stempels durch einen feinen Riss, der durch die Brust der Helvetia geht. Heute existieren nur noch fünf bekannte Exemplare davon. Zwei in privater Hand, drei im Besitze von Schweizer Museen.

«Fünflibers» Vorder+Rückseite

5-Franken-Stück aus dem Jahr 1886.

Quelle: Auktionshaus Rapp

Die derzeit seltensten Goldmünzen der Schweiz - da sie von der Schweizerischen Nationalbank (SNB) gänzlich unter Verschluss gehalten werden - stammen aus den Jahren 1955 bis 1959. Geplant war damals, eine neue Goldwährung einzuführen. Dazu kam es jedoch nie. In den Jahren 2006 bis 2009 schmolz die SNB schliesslich einen erheblichen Teil dieser Münzen wieder ein. Übrig blieb ein Restbestand von 20‘000 Stück pro Sorte und Jahrgang.

Die Sujets der Münzen waren zur Zeit der Prägung nicht frei von Kritik. Vor allem die lateinische Inschrift "IN ARMIS LIBERTAS ET PAX" (deutsch: Für Freiheit und Frieden durch Waffen) des 25-Franken-Stückes wurde beanstandet. Was damals für Kontroversen sorgte, macht die Münze heute umso begehrter.

Je ein Stück befindet sich trotz des Vorgehens der SNB in Privatbesitz: "Wir haben diese beiden Münzen versteigert, und zwar nach unserer Ausstellung im Jahre 2017 sind diese aus Privatbesitz 'aufgetaucht'", sagt Rapp. Die 25- und die 50-Franken-Münze in Gold der Schweizerischen Eidgenossenschaft mit dem Prägejahr 1959 wurden 2019 für 97‘600 Schweizer Franken verkauft.

Eine seltene 25-Franken-Goldmünze, die erst einmal in einer Auktion öffentlich angeboten wurde.

Eine seltene 25-Franken-Goldmünze, die erst einmal in einer Auktion öffentlich angeboten wurde.

Quelle: Auktionshaus Rapp

Die bekannteste und beliebteste Schweizer Münze

Als bekannteste Goldmünze der Schweiz gilt hingegen das 20-Franken-Goldvreneli. Geprägt wurden diese in den Jahren 1897 bis 1949 mit einer Gesamtauflage von 58,6 Millionen Exemplaren. Derzeit besitzt ein Goldvreneli einen Wert von ungefähr 351 Franken, wobei dieser variieren kann. Neben dem aktuellen Goldpreis spielen auch die Erhaltungsqualität und die Auflagenzahl des entsprechenden Jahrgangs eine Rolle.

Doch gibt es neben den üblichen Goldvreneli auch das viel seltenere "Stirnlocken Vreneli" aus dem Jahr 1897. 2018 wechselte ein solches für 130‘500 Franken plus Aufgeld den Besitzer. Die Geschichte dahinter: 1897 wurde ein Dutzend Probemünzen geprägt, in denen das Vreneli mit einer Stirnlocke zu sehen ist. Es wurde dazumal bemängelt, dass diese Locke "dem Frauenzimmer ein frivoles Aussehen" gäbe, weshalb man sich dann für das normale Vreneli mit etwas weniger "anstössigem" Aussehen entschied.

Vreneli Vergleich

Links ein normales Vreneli, rechts ein seltenes «Stirnlocken Vreneli».

Quelle: Auktionshaus Rapp

Auch eine weitere Münze mit Top of Switzerland-Status stammt aus dem Jahr 1897. Das Goldvreneli mit einem Nennwert von 20 Schweizer Franken wurde als eines von 29 Exemplaren dieses Jahrgangs aus Gold aus der Goldmine in Gondo (VS) geprägt und wurde für 120'000 Franken plus Aufgeld an einer Auktion der Sincona dem Höchstbietenden zugeschlagen.

In Bezug auf Beliebtheit und Popularität hebt Rapp jedoch das 5 Franken Stück von 1928 hervor. Dieses Stück wird, je nach Qualität, für um die 20’000 Franken verkauft. "An unserer letzten Auktion haben wir einen '5 Franken 1928' für 22‘500 Franken (Endverkaufspreis inklusive Auktionsaufgeld) verkauft", sagt die Marktexpertin. 

5-Franken-Stück aus dem Jahr 1928.

5-Franken-Stück aus dem Jahr 1928.

Quelle: Auktionshaus Rapp

Münzen zur Diversifizierung des Vermögens

Die obigen Münzen bestehen aus Gold oder Silber. Heute verwendet man bei der Herstellung Kupfer und Nickel. Trotzdem lohnt es sich wegen des grossen Sammlerwerts, die eigene Münzsammlung genauer unter die Lupe zu nehmen. Theoretisch besteht die Möglichkeit, dass irgendwo in einem Tresor oder einer Schatulle noch ein Stück dieser seltenen Schweizer Münze schlummert.

Und der Wert der Münzen dürfte weiter zunehmen: Während der Pandemie war laut Hardmeier bereits von Beginn weg ein stark gestiegenes Interesse auch der "kleinen Sammler" spürbar. Diese hatten nun womöglich Zeit, sich ausgiebig mit ihrer Leidenschaft zu befassen, oder es standen aufgrund weggefallener anderweitiger Auslagen nun auch zusätzliche finanzielle Mittel für das Sammeln zur Verfügung. 

"Doch auch die bis heute noch anhaltende globale geo- und währungspolitische Unsicherheit unterstützt den Sammlermarkt weiter, so dass das Marktniveau auch aktuell noch ausserordentlich hoch ist", sagt Hardmeier. Dies sei aber nicht beschränkt auf die Numismatik, sondern gilt im Generellen für Sammelobjekte.

Doch warum sollten Anlegerinnen und Anleger trotz dieser erhitzten Marktlage weiterhin in Münzen anlegen? Diese sind ja grundsätzlich wie Kunst, Weine oder vielfach Autos Liebhaberobjekte - man interessiert sich idealerweise auch für die Stücke an sich und deren Geschichten. Doch diese eignen sich wie Edelmetalle zur Diversifizierung des Vermögens. “Mit numismatischem Fachwissen, Geduld und einem guten Händchen kann Numismatik als Anlageobjekt durchaus profitabel sein”, betont Hardmeier. 

Ältere Münzen bieten noch grösseren Wertspeicher - Gefahren im Internet

Legen Anleger zudem den Fokus auf ältere Sammlerobjekte, kann der Wert einer Münze noch deutlich höher zu liegen kommen: Zu den weiteren äusserst seltenen Münzen der Kantone und alten Eidgenossenschaft zählt beispielsweise die grösste Goldmünze der Schweiz. Diese Münze mit einem Wert von 30 Dukaten stammt aus Basel und wird um das Jahr 1700 datiert. Im Jahr 2015 wurde die Münze, die aus der Sammlung des Bürgermeisters Andreas Merian-Iselin (1742-1811) stammt, für 725’000 Franken ersteigert.

Basler Goldmünze aus dem Jahr 1700.

Basler Goldmünze aus dem Jahr 1700.

Quelle: Auktionshaus Sincona

Doch auch für eine Berner Goldmünze aus dem Jahr 1681, die 20 Dukaten repräsentiert, wurde im Jahr 2020 400’000 Franken bezahlt. Auf der Münze ist ein gekröntes Stadtwappen in reich verzierter Kartusche ersichtlich. Sie ist auch von grösster Seltenheit, da bis dato nur ein einziges Exemplar bekannt ist.

Berner Goldmünze aus dem Jahr 1681.

Berner Goldmünze aus dem Jahr 1681.

Quelle: Auktionshaus Sincona

Doch ganz so einfach gestaltet sich das Investieren in Münzen nicht, sind doch vermehrt Fälschungen im Umlauf. "Fälschungen werden immer besser und für den Laien gefährlicher und stellen ein grosses Risiko dar", warnt Hardmeier. Denn werde eine Fälschung von einem nicht professionellen Numismatiker gekauft, der nicht für die Echtheit garantiere, sei der Verlust oft gross. Wer aber eine seltene Münze besitzt, kann sich, wie oben schon exemplarisch gezeigt, über einen wahren Schatz freuen.

Ein Grossteil der Fälschungen, die beinahe zur Tagesordnung gehören, betrifft sowieso Stücke, die sich wertmässig auf einem deutlich tieferen Niveau als die oben genannten Objekte befinden und oftmals über eBay, ricardo oder aliexpress angeboten werden. Oft unterliegt der Käufer der "Gier frisst Hirn"-Symptomatik und träumt davon, ein Schnäppchen zu machen. Oftmals aber vergebens.

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