Trotz der hartnäckigen Inflation, der drohenden Rezession und der Aktienmarktverluste des letzten Jahres sind die Anleger weltweit weiterhin positiv gestimmt, wie eine globale Umfrage von Natixis Investment Managers unter 8550 Privatanlegern ergab. Die im März 2023 durchgeführte Umfrage unter Anlegern mit einem investierbaren Vermögen von mehr als 100'000 US-Dollar ergab, dass mit 69 Prozent mehr als zwei Drittel der Anlegerinnen und Anleger einen positiven Ausblick auf ihre Finanzen haben, während sich nur 22 Prozent gestresst fühlen.
Hohe Erwartungen
Trotz des Abschwungs an den Finanzmärkten im vergangenen Jahr, als die meisten grossen Indizes zweistellige Verluste verzeichneten, gaben die Befragten an, dass sie im Durchschnitt eine positive Rendite von 1,9 Prozent erzielten. Die Anleger in der Schweiz hatten, im Vergleich zum genannten Mittelwert, mit einer durchschnittlichen positiven Rendite von 2,3 Prozent ein besseres Händchen. Die meisten scheinen eine Rückkehr zum Bullenmarkt zu erwarten, der dem S&P 500 zwischen 2012 und 2021 eine jährliche Gesamtrendite von 14,6 Prozent bescherte.
Langfristige Renditeerwartungen von 13 Prozent pro Jahr spiegeln dieses hohe Mass an Optimismus wider. Für das Jahr 2023 erwarten Privatanleger eine durchschnittliche Rendite von 8,6 Prozent über der Inflationsrate. Das bedeutet, dass in vielen Ländern in diesem Jahr Renditen von 13,6 Prozent oder mehr zu erwarten sind, wenn man von einer Inflation von 5 Prozent ausgeht. In der Schweiz erwarten die Anlegenden eine reale Rendite von 9,6 Prozent vor Inflation, was bei der aktuellen Inflationsrate von 2,1 Prozent einen Jahresertrag von 11,7 Prozent ergeben würde.
Timo Paul, Leiter deutschsprachige Schweiz bei Natixis Investment Manager, sagt, dass "nach einem Jahrzehnt relativer Ruhe für die Anleger mit überdurchschnittlichen Renditen sich das Umfeld deutlich verändert und sich von den hohen Renditen entfernt hat, an die sich die Anleger gewöhnt hatten. Sie müssen ihre individuelle Vermögensallokation und Risikobereitschaft überprüfen, da Inflation und Volatilität wieder in den Mittelpunkt gerückt sind."
Vor diesem Hintergrund sind 56,5 Prozent der Schweizer Privatanleger zwar weiterhin bereit, Risiken einzugehen, um ihre Ziele zu erreichen. Dennoch lassen sie eine gewisse Vorsicht walten, da etwa 57,2 Prozent angeben, keine höheren Risiken einzugehen, als sie sollten. Die Ergebnisse deuten zudem darauf hin, dass die Anleger nach wie vor Vertrauen in die Rolle der Finanzberater haben, hält Paul fest.
Mehr Hilfestellung bei der Stärkung von Anlageportfolios erforderlich
Mehr als die Hälfte der Schweizer Anleger (52 Prozent) gab an, dass die Inflation ihr grösstes Investitionsproblem ist, und fast zwei Drittel (56 Prozent) sagen, dass sich die Inflation erheblich auf die Fähigkeit auswirkt, für den Ruhestand zu sparen. 58 Prozent glauben, alle Anlagen in ihrem Vorsorgeportfolio zu verstehen, und 57 Prozent (global sind es 76 Prozent) sagen, dass die höheren Kosten im Zusammenhang mit der steigenden Inflation ihnen bewusst gemacht haben, dass sie mehr Geld sparen müssen.
Sehr aussagekräftig ist gemäss der Natixis-Umfrage, dass 68 Prozent der Befragten der Meinung sind, dass Frauen aufgrund ihrer längeren Lebenserwartung, ihrer Rolle als Betreuerinnen/Pflegerinnen usw. bei der Altersvorsorge im Nachteil sind. Nach der Inflation sehen global gesehen 38 Prozent eine Rezession als grösstes Risiko für ihr Portfolio. Danach folgen mit 37 Prozent die Marktvolatilität und mit 28 Prozent die steigenden Zinsen als grösste Bedrohung für ihre Anlagen.
Als Reaktion auf das neue Umfeld geben 47 Prozent an, dass sie darauf vertrauen, dass Anleihen im Jahr 2023 besser abschneiden werden als Aktien, und 46 Prozent haben ihre Investitionen in Anleihen als Reaktion auf die steigenden Zinsen erhöht.
Gefragte Finanzplanung
In den letzten zehn Jahren erlebten die Anleger aufgrund niedriger Zinsen und hoher Korrelationen einen stetigen Aufwärtstrend an den Anlagemärkten, was kostengünstige Indexfonds attraktiv machte. Passive Anlagen und Do-it-yourself-Portfolios, die einfach aufgesetzt wurden, schnitten gut ab, aber die Anleger sehen sich nun einer komplizierteren Welt gegenüber, in der die Anlageportfolios an das neue Marktumfeld angepasst werden sollte, halten die Vermögensverwalter bei der Auswertung der Umfrage fest.
Sechs von zehn Anlegern erkennen, dass Indexfonds Renditen bieten, die mit dem Markt vergleichbar sind, während 66 Prozent davon ausgehen, dass Indexfonds helfen, Verluste zu minimieren, und 61 Prozent, dass Indexfonds weniger riskant sind als andere Anlagen. Was das Risiko angeht, so meinen in der Schweiz 28,3 Prozent der Befragten, dass sie ihr Vermögen der Volatilität aussetzen, und 20,5 Prozent sagen, Risiko sei der Verlust von Vermögen. Natixis meint dazu, dass dies zwar grundsätzlich zutreffe. Allerdings scheinen die Anleger das Gesamtbild etwas aus den Augen verloren zu haben, denn nur 12,5 Prozent definieren Risiko im Sinne einer Verfehlung der langfristigen finanziellen Ziele.
Auf die Frage, welche Beratungsleistungen sie am meisten interessieren, stehen die Finanzplanung und die Planung des Alterseinkommens mit 46 Prozent bzw. 43 Prozent an erster Stelle. Bei der Frage nach Investitionen wünschen sich 43 Prozent der Anleger, dass ihr Berater ihnen nachhaltige Anlagen, private Anlagemöglichkeiten (34 Prozent) und steuereffiziente Investitionsstrategien (32 Prozent) anbietet.
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