Die Freidemokratin Keller-Sutter, die auch in ihrer eigenen Partei mit Skepsis gegenüber dem Deal konfrontiert ist, betonte in einem Interview, der Bundesrat sei zum Eingreifen gezwungen gewesen. 

“Die CS hätte den Montag nicht überlebt”, erklärte Keller-Sutter gegenüber der NZZ mit Blick auf die Rettung am Sonntag davor. “Ohne eine Lösung wäre der Zahlungsverkehr mit der CS in der Schweiz erheblich gestört worden, möglicherweise gar zusammengebrochen, Löhne und Rechnungen hätten nicht mehr bezahlt werden können. In der Schweiz wäre es zu gewaltigen volkswirtschaftlichen Verwerfungen gekommen.”

Und nicht nur in der Schweiz wären die Auswirkungen spürbar geworden. “Weltweit hätten wir mit einer Finanzkrise rechnen müssen. Der Absturz der CS hätte weitere Banken in den Abgrund gerissen”, sagte Keller-Sutter.

Der vom Staat eingefädelte Kauf der Credit Suisse durch die UBS am vorletzten Wochenende wurde weithin kritisiert, weil er die Rechte der Anleger missachtet und den Schweizer Steuerzahlern im Falle einer weiteren Krise eine enorme Last aufbürdet. Eine Umfrage von GFS vom Freitag zeigte, dass mehr als die Hälfte der Schweizer den Deal nicht gutheissen. Eine weitere der Boulevardzeitung SonntagsBlick ergab, dass vier von fünf die Abspaltung der Schweizer Bank der Credit Suisse von der UBS befürworten, weil sie befürchten, dass die fusionierte Bank den Wettbewerb behindern würde.

Internationale Verwerfungen

Aber Keller-Sutter zufolge waren die Alternativen schlechter. “Alle anderen Optionen waren aus unserer Sicht riskanter für den Staat, den Steuerzahler, den Schweizer Finanzplatz und die internationalen Märkte”, sagte sie. “Bei einer Verstaatlichung hätte der Bund die gesamten Risiken in der Bilanz der CS übernommen. Auch die Rechtsrisiken wären höher gewesen, es hätten sich komplexe Enteignungsfragen gestellt, und die Liquiditätsgarantie über 100 Milliarden hätte es trotzdem gebraucht, um zu stabilisieren.”

Auch das sieht die Öffentlichkeit der SonntagsBlick-Umfrage zufolge anders. Eine vorübergehende Verstaatlichung mit späterem Verkauf hätten 61% der Befragten befürwortet.

Eine Abwicklung der Credit Suisse, die eigentlich seit der letzten Finanzkrise das bevorzugte Prozedere sein sollte, sei keine Option gewesen, so Keller-Sutter. In der Praxis wären die volkswirtschaftlichen Schäden beträchtlich, sagte sie. Die Schweiz wäre das erste Land gewesen, das eine global systemrelevante Bank abgewickelt hätte. Es sei aber nicht die Zeit für Experimente gewesen.

Das “Too big to fail”-Regime hilft ihrer Meinung nach zwar, Stress auszuhalten. Das habe sich im letztes Jahr auch im Fall der CS bestätigt. Die strengen Anforderungen an die Eigenmittel- und Liquiditätsvorschriften hatten sich bewährt. “Persönlich bin ich in den letzten Wochen aber zur Erkenntnis gelangt, dass eine global tätige systemrelevante Bank nicht ohne weiteres gemäss dem ‘Too big to fail’-Plan abgewickelt werden kann”, sagte sie.

Karin Keller-Sutter warnte auch das Parlament davor, nachträglich die Spielregeln zu ändern und zum Beispiel die Abspaltung des Schweizer Teils der Credit Suisse zu verlangen. Die ausgehandelte Übernahme “mit neuen Bedingungen zu gefährden und in diesem Stadium zu stören, wäre hochriskant – mit allen erwähnten Folgen für die Schweizer Volkswirtschaft und die internationalen Finanzmärkte”, sagte sie. “Das ist unschön, auch der Bundesrat musste da durch, aber das ist die Realität.”

Finma prüft

Finma-Präsidentin Marlene Amstad wies Kritik an der Behörde zurück, der vorgeworfen wird, nicht früh oder entschlossen genug eingegriffen zu haben. Man habe allerdings einige Massnahmen nicht öffentlich breittreten können.

“Gerade wenn wir scharf vorgehen, wird das meistens nicht öffentlich”, so Amstad. “Stellen Sie sich vor, es wäre bekannt geworden, dass wir bereits im November an der Sanierungsverfügung der CS arbeiteten oder die CS aufgefordert haben, alternative Lösungen für den jetzt eingetretenen Fall vorzubereiten. Gleichzeitig haben wir in den letzten Jahren sechs so genannte Enforcement-Verfahren gegen die Credit Suisse geführt und dies auch öffentlich gemacht.”

Bei der Credit Suisse habe es jahrelang Probleme in der Risiko- und Unternehmenskultur gegeben, so Amstad. “Die CS hatte ein kulturelles Problem, das sich in fehlenden Verantwortlichkeiten niederschlug. Oft war nicht klar, wer für was verantwortlich war. Das begünstigte einen fahrlässigen Umgang mit Risiken.”

Die Finma sei zwar keine Strafbehörde, sie lote aber die Möglichkeiten aus, gegen das frühere Management vorzugehen.

(Bloomberg)