Über Jahre hinweg lieferten sich die Käseproduzenten aus der Schweiz einen erbitterten Schlagabtausch mit den französischen Anbietern. Der Streitgrund: Die von beiden Parteien für die Käsesorte Greyerzer genutzte Qualitätsbezeichnung "Appellation d’Origine Contrôlée", kurz AOC.

Nachdem den französischen Käseproduzenten diese Bezeichnung im Jahre 2010 aberkannt wurde, erhielten sie von der Europäischen Union zwei Jahre später das weniger prestigeträchtige Gütesiegel "Indication Géographique Protégée" zugesprochen. Einzige Voraussetzung: Der französische Greyerzer musste von da an Löcher im Käse aufweisen.

In einer Studie über die mittelgrossen Versicherungswerte aus der Schweiz üben die für Exane BNP Paribas tätigen Autoren nun späte "Rache". Sie vergleichen die Aktien von Swiss Life, Bâloise und Helvetia mit französischem Greyerzer. Auf den ersten Blick sei die Branche aus Anlegersicht durchaus appetitanregend. Doch verhalte es sich eben wie beim Greyerzer: So richtig schmackhaft sei nur das Original ohne Löcher, so die Analysten. Ihre unmissverständliche Botschaft: "Schweizer Versicherungsaktien sind Käse."

Von Herausforderungen geprägtes Umfeld

Die Experten nehmen die Erstabdeckung der Aktien von Bâloise und Swiss Life je mit "Underperform" auf, was einer Verkaufsempfehlung gleichkommt. Bei Bâloise lässt sich vom Kursziel von 104 Franken sogar ein Rückschlagspotenzial von 15 Prozent ableiten. Ein etwas geringeres Abwärtspotenzial von 6 Prozent suggeriert das 242 Franken lautende Kursziel bei Swiss Life. Die Aktie von Helvetia wird hingegen mit "Neutral" und einem 3 Prozent über dem aktuellen Stand liegenden Kursziel von 553 Franken eingestuft.

Die negative Haltung von Exane BNP Paribas überrascht, sind diese drei mittelgrossen Schweizer Versicherungswerte bei Anlegern und Analysten doch alleine schon aufgrund ihrer attraktiv hohen Dividendenrendite sehr beliebt. Für die kommenden Jahre rechnet die französische Grossbank denn auch bei allen drei Unternehmen mit stabilen, wenn nicht gar leicht steigenden Ausschüttungen. Auf das Jahr 2018 bezogen liegen die geschätzten Dividendenrenditen zwischen 4,3 und 4,8 Prozent, was deutlich über dem Durchschnitt der im Swiss Market Index vertretenen Aktien liegt.

Zur Vorsicht mahne vor allem das von Herausforderungen geprägte Umfeld, so schreiben die Analysten. Eigenen Berechnungen zufolge müssten die Versicherer im Kollektiv-Leben-Geschäft mindestens eine Anlagerendite von 4 Prozent erzielen, um kostendeckend arbeiten zu können. Aktuell liegt diese jährlich nur zwischen 2 und 2,5 Prozent. Die Experten befürchten deshalb für die Aktionäre schmerzhafte Nachreservierungen. Auch von der geplanten "Rentenreform 2020" verspricht man sich bei Exane BNP Paribas nicht die erhoffte Linderung des Problems. Dass diese Reformen zu gegebener Zeit überhaupt angenommen werden, steht noch in den Sternen.

Darf man den Studienautoren Glauben schenken, dann werden die Überalterung der Bevölkerung, die rekordtiefen Zinsen und das erdrückende regulatorische Umfeld bei Helvetia, Bâloise und Swiss Life noch auf Jahre hinaus für Gegenwind sorgen. Mit sinnvollen Alternativen warten die Experten jedoch nicht auf. So bleibt ein Geheimnis, wer denn nun eigentlich der originale Greyerzer aus der Schweiz unter den Versicherungswerten ist.