Die Schweizerische Nationalbank (SNB) sieht davon ab, den Leitzins in der Schweiz in den Negativbereich zu senken. Sie belässt die Kreditkosten beim Stand von 0 Prozent. Das gab das dreiköpfige Führungsgremium der SNB am Donnerstag nach seiner geldpolitischen Lagebeurteilung mit.
Nach sechs aufeinanderfolgenden Zinssenkungen legt die SNB damit eine Pause ein. Im März, Juni und September 2024 senkte die SNB die Kreditkosten um jeweils 25 Basispunkte, im letzten Dezember um 50 Basispunkte, im März und im Juni dann wieder um 25 Basispunkte.
Der heutige Entscheid war am Markt so erwartet worden. Bis auf einen prognostizieren alle 41 von Reuters im Vorfeld des Zinsentscheides befragten Ökonomen, dass die SNB den Leitzins am Donnerstag bei 0 Prozent belassen werde.
Die SNB hatte auch wenig Gründe für eine weitere Zinssenkung. Die Inflation in der Schweiz liegt im Zielbereich der Notenbank von null bis zwei Prozent. Im August lag die Teuerung zum dritten Mal hintereinander im (leicht) positiven Bereich.
«Der Inflationsdruck ist gegenüber dem Vorquartal praktisch unverändert», so die SNB. «Kurzfristig dürfte die Inflation zwar leicht höher ausfallen. In der mittleren Frist bleibt die bedingte Inflationsprognose aber unverändert», so die SNB.
Die Wirtschaftslage in der Schweiz ist zudem stabil, ebenso der Franken gegenüber dem Euro. Die Hürde für Negativzinsen, wie sie in der Schweiz zwischen Dezember 2014 und September 2022 galten, ist damit hoch. SNB-Präsident Martin Schlegel wiederholte an der Medienkonferenz am Donnerstag in Zürich frühere Aussagen. «Negativzinsen können Herausforderungen für Akteure der Schweizer Wirtschaft haben», so Schlegel. Ein Schritt hin zu Negativzinsen stelle eine höhere Hürde als bei normalen Zinssenkungen.
Negativzinsen bleiben aber möglich, falls die Preisstabilität gefährdet sei, sagte Schlegel weiter. «Wir sind bereit, alle Instrumente zu verwenden, um unser Mandat zu erfüllen». Die SNB bekräftigte abermals ihre Bereitschaft, bei Bedarf am Devisenmarkt einzugreifen.
Wirtschaftsaussichten blieben unsicher
Die Wirtschaftsaussichten für die Schweiz blieben insgesamt unsicher, so die SNB weiter. Sie hätten sich insbesondere mit den deutlich höheren US-Zöllen eingetrübt. Hauptrisiken für die Schweizer Wirtschaft blieben daher die US-Handelspolitik und die Entwicklung der Weltwirtschaft. Neu rechnet die SNB daher im 2026 nur noch mit einem Wachstum von knapp 1 Prozent. Für das laufende Jahr 2025 erwartet die Nationalbank war nach wie vor ein BIP-Wachstum von 1 bis 1,5 Prozent.
«Die US-Zölle stellen für die betroffenen Unternehmen eine grosse Herausforderung dar und dürften die Wirtschaftsaktivität dämpfen», betonte Schlegel vor den Medien. In dieser Situation stütze die Geldpolitik auch die Wirtschaftsentwicklung - sie sei weiterhin expansiv. Die Zölle dürften vor allem die Exporte und Investitionen dämpfen, so die SNB. Besonders betroffen seien Unternehmen in der Maschinen- und Uhrenindustrie.
«Vergleicht man die BIP-Wachstumsprognosen für 2026 vom September und Juni, so scheint die SNB davon auszugehen, dass die hohen Zölle, die die USA auf Schweizer Waren erheben, im nächsten Jahr etwas mehr als ein halbes Prozent ausmachen werden – ein Schock, der insgesamt beherrschbar erscheint», schreibt dazu GianLuigi Mandruzzato, Ökonom bei EFG Asset Management in Lugano.
Die SNB ist nicht die einzige Notenbank, welche die Zinsen stabil hält. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte letzte Woche ihren Leitzins zuletzt zum zweiten Mal in Folge unverändert gelassen. Die schwedische Zentralbank hat diese Woche ihre dritte Zinssenkung vorgenommen und zugleich angekündigt, die Zinsen vorerst stabil zu halten.
«Der Leitzins in der Schweiz dürfte an seinem vorläufigen Tief angelangt zu sein. Mittelfristig dürften wieder Zinsanstiege und nicht etwa Leitzinsreduktion auf dem Programm stehen», umschreibt Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank, den möglichen Zinskurs der SNB. Mit 30 von 36 Ökonomen geht in der Reuters-Umfrage in der Tat eine deutliche Mehrheit davon aus, dass die Zinsen in der Schweiz für den Rest des Jahres unverändert bleiben werden. Und 21 von 25 Befragten erwartet, dass der Leitzins auch Ende 2026 noch bei null Prozent liegen wird.
Vor der Lockerung der Geldpolitik in den Jahren 2024/2025 hatte die SNB ab Juni 2022 den Leitzins von damals -0,75 Prozent in nur fünf Schritten auf 1,75 Prozent gehievt. Der Grund war die markant gestiegene Teuerung, die sich seither wieder deutlich verringert hat und zwischenzeitlich sogar in den negativen Bereich gerutscht war.
(Mit Material von AWP)