Sowohl die Ukraine als auch Russland verwiesen auf Erfolge bei der Abwehr von Angriffen der jeweils anderen Seite. Das ukrainische Oberkommando teilte am Dienstag mit, dass die russischen Streitkräfte in zehn Gebieten der Region zurückgedrängt worden seien. Der von Russland eingesetzte Verwalter der annektierten Region, Denis Puschilin, räumte ein, dass ein Vorrücken der russischen Truppen schwierig sei. Allerdings sei mehr als die Hälfte von Donezk unter russischer Kontrolle. Angesichts der zuletzt auch verstärkten russischen Angriffe auf die ukrainische Energieversorgung wollen die westlichen Verbündeten im Tagesverlauf auf einer neuen Geberkonferenz in Paris über dringend benötigte Winterhilfe beraten. An der Konferenz wird auch Bundesaussenministerin Annalena Baerbock teilnehmen.

Puschilin bezeichnete insbesondere die Lage entlang der Front um die Stadt Lyman im Norden der Region Donezk als schwierig. "Der Feind versucht einen Gegenangriff, aber unsere Einheiten halten jetzt alle Positionen", sagte er der russischen Nachrichtenagentur RIA. Laut der russischen Nachrichtenagentur Tass sollen russische Einheiten die Stadt Marjinka umzingelt haben. Dort gebe es heftige Strassenkämpfe. Der Generalstab der ukrainischen Streitkräfte erklärte, ein russischer Angriff auf die Frontstadt sei zurückgeschlagen worden. Auch in der Region um die schwer umkämpften Städte Bachmut und Awdijiwka habe es wieder russische Angriffe gegeben.

Der Stellungskrieg in der Ostukraine fordert wohl auf beiden Seiten schwere Verluste. Am Montag sollen ukrainischen Angaben zufolge bei der russischen Offensive in der Region 30 ukrainische Soldaten getötet worden seien. "Es gibt Tage, an denen es viele Schwerverletzte gibt: vier oder fünf Amputationen auf einmal", sagte Oleksii, ein ukrainischer Militärarzt, der seinen vollen Namen nicht nennen wollte, in einem Militärkrankenhaus im Osten der Ukraine zu Reuters. Das britische Verteidigungsministerium teilte in seinem Lagebericht mit, dass Russland wohl weiterhin einen Vormarsch in der Region plane. Es sei aber zweifelhaft, dass das russische Militär derzeit in der Lage sei. "Es ist unwahrscheinlich, dass die russischen Bodentruppen in den nächsten Monaten operativ bedeutsame Vorstösse machen werden", so das Ministerium.

Aus der Südukraine gab es unbestätigte Berichte von beiden Kriegsparteien über einen Angriff auf eine für die russischen Truppen strategisch wichtige Brücke in der besetzten Stadt Melitopol hinter der Front. Wladimir Rogow, ein von Russland eingesetzter Verwalter der ebenfalls annektierten Region Saporischschja, veröffentlichte auf Telegramm ein Video, das die Brücke zeigt, und machte ukrainische "Terroristen" für die Schäden verantwortlich. Iwan Fjodorow, der ins Exil geflohene Bürgermeister von Melitopol, teilte ebenfalls ein Video, auf dem offenbar auch Schäden an der Brücke zu sehen sind.

Bei der Konferenz in Paris wollen Vertreter von rund 70 Ländern und Institutionen darüber beraten, wie die Ukraine bis März zur Aufrechterhaltung der Versorgung mit Wasser, Lebensmitteln, Energie, Gesundheit und Verkehr unterstützt werden kann. Unmittelbare Priorität soll nach Angaben von Gastgeber Frankreich dabei sein, sicherzustellen, dass das Stromnetz nicht zusammenbricht und die Wasserleitungen nicht einfrieren. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wird per Videolink zugeschaltet, seine Frau Olena Selenska persönlich teilnehmen.

(Reuters)