Fitch Solutions zufolge lagen bis Ende 2022 weltweit Pläne für Anlagen mit einer Leistung von insgesamt 48 Gigawatt auf den Tisch. Das entspricht etwa der Leistung von 48 Atomkraftwerken. Während herkömmliche Offshore-Windanlagen fest im Meeresboden verankert sind, stehen die "Floating" (schwimmenden) Windkraftanlagen auf schwimmenden Fundamenten, die mit Ketten und Leinen am Meeresgrund befestigt sind. Dadurch lassen sich neue Gebiete für den Bau von Windparks erschliessen, doch bislang sind erst schwimmende Windräder mit einer Leistung von gut 120 Megawatt in Betrieb. Steigende Kosten und Lieferengpässe haben einige Pläne durchkreuzt. Konzerne aus Deutschland sind dennoch mit an Bord. Der Münchner BayWa-Konzern verfolgt ein Projekt in Schottland, der Essener Energieriese RWE ist bei drei Anlagen in Spanien, Norwegen und den USA dabei.

Die Technologie ermögliche es, Offshore-Windanlagen in tiefen Gewässern zu betreiben, erklärt RWE. Dies gelte sowohl für etablierte Märkte wie Grossbritannien und Frankreich, aber auch in Regionen wie Japan oder vor der Westküste der USA. Die Technologie sei derzeit im Vergleich zu herkömmlichen Offshore-Fundamenten weniger ausgereift und daher teurer. RWE rechnet jedoch mit schnell fallendenden Kosten, "so dass schwimmende Fundamente voraussichtlich 2030 wettbewerbsfähig sein werden."

Floating-Anlagen für Regionen mit grosser Meerestiefe

Nach Einschätzung des Global Wind Energy Council (GWEC) sind rund 80 Prozent der weltweit für Offshore-Windräder geeigneten Flächen in über 60 Meter tiefen Gewässern. Die schwimmenden Windkraftanlagen sind insbesondere für Länder geeignet, die an Land wenig Flächen zur Verfügung haben oder an deren Küste der Meeresboden steil abfällt. Das Beratungsunternehmen DNV schätzt, dass weltweit bis 2050 die Gesamtleistung solcher Anlagen auf 300 Gigawatt steigen wird - 15 Prozent der gesamten Offshore-Windkapazität. Was vielerorts noch fehlt, sind geeignete Häfen und Schiffe für den Transport.

Die gestiegene Inflation und die Rohstoffkosten machen den Windturbinen-Herstellern zu schaffen. Projekte wurden verschoben oder ganz abgesagt. Das vor der norwegischen Küste geplante 88-Megawatt-Projekt Hywind Tampen des Öl- und Gaskonzerns Equinor verspätet sich wegen Qualitätsmägeln bei Stahlteilen von 2022 auf 2023. Bereits im vergangenen Jahr traten der Energieriese Shell und sein chinesischer Partner CGN auf die Bremse. Sie sagten ein vor der Küste der französischen Bretagne geplantes Projekt ab. Der GWEC rechnet damit, dass die Engpässe bei Turbinen und Einzelteilen weiter anhalten könnten. Druck komme auch aus den USA, die in ihrem Anti-Inflations-Gesetz mit Zuschüssen locken. Auch in China sowie in weiteren europäischen Ländern wächst die Nachfrage.

Für mehrere Jahre werde Strom von den schwimmenden Anlagen wohl teurer sein als der von üblichen Offshore-Windparks, sagt der Chef des Unternehmens Corio Generation, Jonathan Cole. Mit dem Hochlauf werde die neue Technik aber wettbewerbsfähig sein, erwartet der Manager, dessen Unternehmen Teil der Green Investment Group der australischen Macquarie ist.

Die USA machen Tempo. Sie streben bis 2035 bei sinkenden Preisen schwimmende Windkraftanlagen mit einer Leistung von 15 Gigawatt an. Japan will sich noch in diesem Jahr Ziele für die Technik setzen. Bislang strebt das Land bis 2030 Offshore-Windräder, darunter auch schwimmende, mit einer Leistung von insgesamt bis zu zehn Gigawatt an und bis 2040 bis zu 45 Gigawatt. In Europa hat sich unter anderem Spanien bis 2030 bis zu drei Gigawatt zum Ziel gesetzt. Deutschland hat sich mit dem Windenergie-auf-See-Gesetz vorgenommen, die Kapazität von allen Offshore-Windrädern bis 2030 auf mindestens 30 Gigawatt zu erhöhen. Bis 2035 sollen es mindestens 40 Gigawatt und bis 2045 mindestens 70 Gigawatt werden.

(Reuters)