Auf der Hauptversammlung am Donnerstag verteidigte er das Festhalten am Zug- und am Medizintechnik-Geschäft. «Wir glauben, dass beide Geschäfte zum Anspruch eines Technologiekonzerns passen», sagte Busch. Die Zug-Sparte Mobility sei «integraler Bestandteil» von Siemens. Bei der börsennotierten Siemens Healthineers wolle man langfristig Mehrheitsaktionär bleiben: «Wir glauben, dass das ein sehr attraktives und innovationsgetriebenes Geschäft ist.» Es gebe durchaus Synergien mit den Kernsparten in der Industrieautomatisierung (Digital Industries) und der Gebäude- und Infrastrukturtechnik (Smart Infrastructure), etwa im Einkauf und der Technologie. Den Anteil von 17 Prozent an der ehemaligen Energietechnik-Sparte Siemens Energy will Busch aber weiter abbauen: «Wir schliessen keine Option aus.»

Zahlreiche Fondsmanager und andere Aktionäre sprachen sich auf der virtuellen Hauptversammlung dafür aus, den Anteil an Healthineers zu reduzieren und das Zug-Geschäft zu verkaufen, das deutlich niedrigere Renditen abwirft als die beiden anderen Sparten. «Das Zug-Geschäft sollte auf dem Prüfstand stehen, weil es nicht zu einem Technologiekonzern passt», sagte Sabrina Reeh von der DWS. Mit einem Abbau der Beteiligung an Siemens Healthineers von 75 auf 50 Prozent liessen sich zehn Milliarden Euro Kapital freisetzen.

«Siemens darf nicht auf halbem Weg stehenbleiben», sagte Vera Diehl von Union Investment. «Der Konzern muss weiter entflochten werden», verlangte Ingo Speich vom Sparkassen-Wertpapierhaus Deka. «Die Komplexität der Siemens AG ist immer noch sehr hoch.» Das sei auch der Grund, warum sich die Siemens-Aktie nicht besser entwickle als der Markt und hinter Rivalen wie Schneider Electric herhinke. Bei Siemens Energy habe man den richtigen Zeitpunkt zum Ausstieg verpasst und stecke nun in einer Sackgasse.

Siemens Energy

Im Dezember hatte Finanzvorstand Ralf Thomas ein weiteres Siemens-Energy-Paket an den eigenen Pensionsfonds übertragen. Das brachte nicht nur einen Sonderertrag von 479 Millionen Euro im ersten Quartal des Geschäftsjahres 2023/24, Siemens muss die Verluste und Gewinne von Siemens Energy damit künftig auch nicht mehr anteilig in der Gewinn- und Verlustrechnung verbuchen. Deren Verwerfungen - vor allem im Windkraft-Geschäft - hatten die Siemens-Zahlen immer wieder verzerrt. Zum Verkauf stehen zurzeit noch die Motoren- und Grossantriebe-Tochter Innomotics, für die sich Finanzvorstand Thomas auch einen Börsengang offenhält, und die Flughafen-Logistik, also Gepäck- und Frachtförderanlagen.

Klein- und Belegschaftsaktionäre stellten sich hinter die Strategie von Busch. Olaf Bolduan vom Verein «Wir für Siemens» sprach sich gegen eine «Ausgliederitis» aus. Die Beteiligung an Siemens Healthineers abzubauen und den Erlös an die Aktionäre auszuschütten, sei «kurzfristige Gewinnmaximierung und nicht nachhaltig». Daniela Bergdolt von der Aktionärsvereinigung DSW äusserte sich differenziert: «Wir glauben, dass Healthineers gut zu Siemens passt - bei der Zug-Sparte bin ich mir da nicht so sicher.» Busch hatte die Sparte Mobility lange selbst geführt.

Siemens tappt in China noch im Dunkeln

Im ersten Quartal 2023/24 (Oktober bis Dezember) stemmte sich Siemens erfolgreich gegen die Konjunkturflaute in China - unter anderem dank der Zug-Sparte und der Infrastrukturtechnik, die so gut ins Jahr gestartet ist wie nie. Das Aushängeschild DI, das rund ein Viertel des Geschäfts in China macht, zeigte dagegen mit einem Einbruch bei Aufträgen und Gewinn ungewohnte Schwächen. Es könne bis ins zweite Halbjahr dauern, bis die Kunden und Vertriebspartner in China ihre Lager geräumt hätten, sagte Thomas. Er hofft, «im März ein klareres Bild» zu haben.

Die Ziele von Siemens für 2023/24 sehen Busch und Thomas aber nicht in Gefahr. «Siemens hat erneut ein starkes Quartal abgeliefert und sein profitables Wachstum fortgesetzt», sagte der Vorstandschef. Der Umsatz stieg auf vergleichbarer Basis um sechs Prozent auf 18,4 Milliarden Euro. Der Auftragseingang erhöhte sich noch um zwei Prozent auf 22,3 Milliarden Euro. Der Nettogewinn lag mit 2,55 (Vorjahr: 1,64) Milliarden Euro sogar deutlich über den Schätzungen der Experten. Für das Gesamtjahr bleibt es bei den Prognosen, wenn das zweite Halbjahr hält, was Siemens sich davon verspricht. Die Siemens-Aktie stieg um bis zu 1,9 Prozent auf ein Jahreshoch von 171,32 Euro. 

(Reuters)