Es sei «nicht verständlich, was passiert ist», sagte demnach ein Investor. Man sehe «Zeichen für eine Insolvenzverschleppung», denn die Probleme hätten sich bereits im Sommer abgezeichnet. Von Benko gab es gegenüber dem Nachrichtenmagazin keinen Kommentar. 

Laut «Spiegel» droht auch jenen Gesellschaftern Ungemach, die zuletzt Immobilien von Benko erworben haben. Schlittern in Folge der Holding-Insolvenz auch die Immobilientöchter Signa Prime und Signa Development in die Insolvenz und mit ihr Unterfirmen, mit denen Verkaufsdeals geschlossen wurden, könnten Insolvenzverwalter solche Verkäufe möglicherweise rückabwickeln. «Dann sind die Käufer ihr Geld los, aber die Immobilien müssen sie wieder hergeben», heisst es demnach aus Benkos Umfeld. Sie müssten sich dann wie andere Gläubiger auch ihr Geld aus der Insolvenzmasse wiederholen.

Das Magazin verweist in diesem Zusammenhang auf den milliardenschweren Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne, der der Signa Development das Berliner Hochhausprojekt BEAM abgekauft hat. Die RAG Stiftung, die sich um die Abwicklung des deutschen Steinkohlebergbaus kümmern soll und wie Kühne ein Gesellschafter der Signa Prime ist, hat gerade noch von einer Prime-Tochter ein Viertel der Prunk-Shoppingmeile «Goldenes Quartier» in der Wiener Innenstadt übernommen. Erste Geldgeber würden Strafanzeigen gegen den Milliardär erwägen.

Benkos Signa-Holding muss sich über Insolvenz sanieren

 Die Immobilien- und Einzelhandels-Holding Signa des österreichischen Investors Rene Benko ist zahlungsunfähig. Nach wochenlangem Ringen um eine Rettung des weltumspannenden Imperiums ausserhalb der Insolvenz kündigte Signa an, noch am Mittwoch ein Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung beim Wiener Handelsgericht zu beantragen. «Ziel ist eine geordnete Fortführung des operativen Geschäftsbetriebs und die nachhaltige Restrukturierung des Unternehmens», hiess es in der Mitteilung. Signa gehören neben prestigeträchtigen Immobilien in Österreich, Deutschland, aber auch in Grossbritannien und den USA auch der Warenhausriese Galeria und die Globus-Gruppe in der Schweiz.

Signa räumte ein, dass die Expansion in den stationären Einzelhandel ein Fehlschlag gewesen sei. «Die Investitionen in diesem Bereich haben nicht den erwarteten Erfolg gebracht», erklärte das Unternehmen. Galeria Karstadt Kaufhof hatte in den vergangenen Jahren zweimal ein Sanierungsverfahren durchlaufen und hatte in der Corona-Krise dreistellige Millionenhilfen vom deutschen Staat bekommen. Dazu sei die Krise im Immobiliensektor gekommen. Signa sprach von «externen Faktoren», die sich in den vergangenen Monaten negativ auf das Geschäft ausgewirkt hätten.

Galeria sieht sich von dem Antrag des Eigentümers laut einem Insider zunächst nicht betroffen. Die Warenhauskette mit Kaufhof und Karstadt steuert gerade auf das wichtige Weihnachtsgeschäft zu. Die Einnahmen dort dürften für die nötige Liquidität sorgen. Signa hatte Galeria im Zuge der Sanierung 200 Millionen Euro frisches Kapital in Aussicht gestellt - das Geld dürfte nun nicht mehr fliessen. Im Gegenzug könnte Galeria aber die Mieten für die Warenhäuser kürzen, die Signa gehören.

Steigende Zinsen brachten das Imperium ins Wanken

Die steigenden Zinsen trafen den Tiroler Investor doppelt, weil er die Immobilien zum grossen Teil mit Krediten finanziert hatte. Nach einer Studie der Investmentbank JPMorgan summierten sich die Schulden allein in den zwei grössten Immobilien-Töchtern Signa Prime Selection und Signa Development Selection Ende 2022 auf 13 Milliarden Euro. Davon seien 7,7 Milliarden Euro Kredite gewesen, von denen gut die Hälfte zu variablen Zinsen abgeschlossen worden seien.

«Trotz erheblicher Bemühungen in den letzten Wochen konnte die erforderliche Liquidität für eine aussergerichtliche Restrukturierung nicht in ausreichendem Masse sichergestellt werden», räumte Signa am Mittwoch ein. Die Banken - insgesamt mehr als 100 -, die Benko Geld geliehen haben, hatten sich laut Insidern zwar auf ein Stillhalteabkommen verständigt, wonach sie Zinsen und Tilgung bis auf Weiteres nicht fällig stellen würden. Ihnen drohen im Zuge der Insolvenz teilweise herbe Verluste - je nachdem, ob und womit ihre Kredite besichert sind.

Letztlich fehlten Signa aber kurzfristig rund 400 Millionen Euro, um die laufenden Kosten für Löhne oder die noch laufenden Baustellen zu decken, sagte ein Insider. Bei grossen Bauprojekten von Signa etwa in Hamburg («Elbtower»), München, Berlin oder Düsseldorf hatte es zuletzt schon Baustopps gegeben.

Nun gehe es darum, zusammen mit einem Sanierungsverwalter eine Neuordnung der eigenen Verbindlichkeiten zu erreichen und die Werthaltigkeit der Beteiligungen zu erhalten, erklärte das Unternehmen. Ob das Gericht des Antrag auf Eigenverwaltung stattgibt, ist aber offen. Signa hatte bereits vor Wochen den Insolvenz-Spezialisten Arndt Geiwitz angeheuert, der sich zuvor um die Sanierung von Galeria gekümmert hatte. Geiwitz blieb aber in einer Beraterrolle, anstatt selbst die Führung der Holding zu übernehmen. Er hatte Insidern zufolge auf eine tragfähige Finanzierung einer Sanierung gepocht.

Die ersten Risse im Imperium von Benko zeigten sich schon im Oktober. Der in New York börsennotierte Online-Sporthändler Signa Sports United meldete Insolvenz an, nachdem Signa ihm eine Kapitalspritze über 150 Millionen Euro verweigert hatte. Der Sporthändler Sport-Scheck wurde an den britischen Konkurrenten Frasers verkauft, Anteile an der Luxus-Kaufhauskette Selfridges gingen an den thailändischen Miteigentümer Central Group. Am Freitag hatte bereits eine deutsche Tochter von Signa Prime beim Amtsgericht Berlin-Charlottenburg Insolvenzantrag gestellt. Insider gehen davon aus, dass nun weitere Anträge von deutschen Signa-Gesellschaften folgen werden. (Geschrieben von Alexander Hübner redigiert von Myria Mildenberger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com

(AWP/Reuters)