Die Aktien des dänischen Pharmakonzerns Novo Nordisk haben in den letzten dreizehn Monaten zwei Drittel des Werts auf 308 von 1035 dänische Kronen verloren. Damit hat sich der Kursgewinn der letzten drei Jahre in Luft aufgelöst. Diese Ausverkaufspreise dürften demnächst Schnäppchenjäger anlocken.
Ein Vergleich zwischen heute und vor drei Jahren zeigt bei einem unveränderten Aktienkurs von Novo Nordisk deutlich bessere Fundamentaldaten. Der Umsatz lag im zweiten Quartal 2022 bei 38 Milliarden dänischen Kronen, für das zweite Quartal 2025 wird mit 78 Milliarden Kronen eine Verdoppelung erwartet. Novo Nordisk veröffentlicht am 6. August die Zahlen für das zweite Quartal. Ähnlich wie beim Umsatz ging es auch beim Gewinn pro Aktie nach oben. Dieser sollte in dieser Periode von 2,3 Kronen auf 5,9 Kronen gestiegen sein.
Novo Nordisk dürfte auch über die nächsten Jahre von der hohen Nachfrage bei Schlankheitsmedikamenten und -spritzen und dem stabilen, finanzstarken Insulin- und Diabetes-Geschäft profitieren. Daran ändert auch die jüngste Prognosekorrektur vom letzten Mittwoch nicht viel, als das erwartete Gewinnwachstum neu mit 8 bis 14 Prozent statt der bisherigen 14 bis 21 Prozent in Aussicht gestellt wurde.
Angesichts der Gewinnwarnung und der erwarteten Umsatzkürzungen war es kaum verwunderlich, dass die Aktie in den letzten Tagen deutlich unterdurchschnittlich abschnitt, meinte JPMorgan-Analyst Richard Vosser in einer Kundennotiz am vergangenen Donnerstag. Der hierzulande wegen seiner Abdeckung von Novartis und Roche bekannte Analyst betonte, dass die Verkäufe von Wegovy gut vorankämen. Derweil verlaufe die Durchdringung aufgrund der Nachfrage und des Wettbewerbs etwas langsamer als erwartet. Bei der zweiten Schlankheitsspritze Ozempic wird das Wachstum durch den Wettbewerb in den USA beeinträchtigt. Trotz dieses Gegenwindes hält der JPMorgan-Experte Vosser an seiner Kaufempfehlung mit einem Kursziel von 451 dänischen Kronen fest.
Die Aktie notiert deutlich unter ihrem inneren Wert, wie Daten von Gurufocus.com zeigen. Und selbst wenn nur ein bescheidenes Umsatzwachstum von drei Prozent über die nächsten fünf Jahre gelingen würde, hätte der Titel ein Aufwärtspotenzial von 22 Prozent, so die Analyse weiter. Dies zeigt, dass der Aktienkurs sich nun in der Nähe eines Bodens befinden könnte.
Das Kurs-Gewinn-Verhältnis ist mit 22x angesichts der Exponierung von Novo Nordisk niedrig. Der grösste Konkurrent Eli Lilly wird mit einem 64-fachen des Gewinns zu einem massiven Aufschlag gehandelt, obwohl beide Pharmakonzerne einen vergleichbaren Marktanteil bei Schlankheitsmedikamenten haben. Während Eli Lilly aufgrund des äusserst profitablen GLP-1-Marktes ein Aufschlag nicht abgesprochen werden soll, wird Novo Nordisk trotz ähnlicher Geschäftstätigkeit und insgesamt ähnlicher Exponierung wohl mit einem zu grossen Abschlag gehandelt
Ein Teil des jüngsten Kursabsturzes ist auch auf den neuen Wirkstoff CagriSema von Novo Nordisk zurückzuführen. CagriSema ist Novos Kombinationstherapie der nächsten Generation, die Semaglutid - bekannt aus Wegovy und Ozempic - mit einem länger wirksamen Amylin-Analogon kombiniert. Ziel ist eine verbesserte Blutzuckerkontrolle und eine deutliche Gewichtsabnahme mit nur einer Injektion. Die Ergebnisse der Phase 3 bestätigen eine signifikante, anhaltende Gewichtsabnahme und Blutzuckersenkungen.
Die CagriSema-Studiendaten deuten allerdings darauf hin, dass der Wirkstoff etwas weniger effektiv ist als angenommen. Das reichte ebenfalls, um die viel zu hohen Erwartungen der Anlegerinnen und Anleger wieder auf den Boden der Realität zurückzuholen.
Mit einer guten Marktpositionierung sollte Novo Nordisk trotz kurzfristiger Herausforderungen ein solides Umsatzwachstum gewährleisten können, das weiter steigende Cashflows nach sich zieht. Wie schnell der Aktie ein Rebound gelingt, ist offen. Wer Geduld mitbringt, dürfte sich auf lange Frist bei diesem Compounder-Titel gut aufgehoben fühlen.