Edelmetalle wie Gold und Silber haben gegenüber den meisten anderen Anlagen einen gewichtigen Nachteil: Das eingesetzte Kapital wird nicht verzinst. Dieses Manko spielt dann keine Rolle, wenn das Zinsumfeld so niedrig ist, dass ein Anleger die Aussicht auf höhere Notierungen oder die Sicherheit von Gold höher gewichtet als die entgangene Verzinsung. 

Anders sieht es aus, wenn die Notenbanken damit beginnen, die Leitzinsen wieder schrittweise zu erhöhen. In diesem Fall geraten die Kurse von Gold und Silber tendenziell unter Druck, da bei anziehendem Zinsniveau solche zinslosen Anlagen unattraktiver werden. 

Diese Faustregel ist indes nur die halbe Wahrheit: Tatsächlich ist das Zinsumfeld nur eines von mehreren Kriterien, die den Goldpreis beeinflussen. Mindestens so wichtig, wenn nicht gar wichtiger, ist das subjektive Empfinden der Anleger.

Systemrisiken treiben den Goldpreis

Gehen diese von Unsicherheiten an den Finanzmärkten aus, flüchten sich viele in Edelmetall-Anlagen. Diese gelten bei wirtschaftlichen Krisen wegen ihrer Unabhängigkeit vom Geld- und Finanzsystem als sicherer Hafen. Dies zeigte sich exemplarisch während der europäischen Schuldenkrise. Je mehr sich die Lage in Europa zuspitzte, desto höher stiegen die Goldnotierungen. 

Alleine zwischen 2009 und 2011 kletterte der Goldpreis um mehr als das Zweieinhalbfache von 750 auf 1911 Dollar je Feinunze. Zwei Jahre später hingegen fiel Gold wieder um 30 Prozent - so stark wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Das Tiefzinsumfeld war zwar geblieben, verschwunden sind hingegen die akuten Krisenängste. 

Es gibt deshalb Marktbeobachter, die Edelmetallen wie Gold und Silber auch bei steigenden Zinsen auf stabile oder gar aufwärtsgerichtete Kurse prognostizieren. Geht man davon aus, dass das weltweite Finanzsystem bei weitem nicht gesund ist, werden Gold-Investments auch als Vermögenswertschutz in Krisenzeiten angeschaut. 

Zinsresistente Rohstoffe

Noch weniger korrelieren Zinserhöhungen mit der Preisentwicklung der übrigen Industrie- und Agrarrohstoffen. "Diese werden primär von der Angebots- und Nachfragesituation beeinflusst", sagt Julius-Bär-Rohstoffanalyst Carsten Menke. Das Zinsniveau an sich habe keinen direkten Einfluss auf die Preise. 

Derzeit bilden in diesem Bereich die Nachfrage und das Angebot ein Patt - trotz sich erholender Wirtschaft. Dahinter steckt ein einfacher Grund: Rohstoffproduzenten haben in den letzten Jahren wegen der hohen Preise in die Förderung zusätzlicher Mengen investiert. Nun kommen diese Rohstoffe auf den Markt - und drücken den Preis. Aus diesem Grund rechnet Menke mit fallenden Rohstoffpreisen.

Ähnlich zeigt die sich Situation auch bei Agrarrohstoffen. Der Preis von Kaffeebohnen, Weizen & Co. ist weitgehend zinsunabhängig, sondern definiert sich ebenfalls über die Angebots-Nachfrage-Situation. Ob eine Ernte - und damit das Angebot - gut ausfällt, hängt in erster Linie vom Wetter und von möglichen Schädlingen und Krankheitserregern ab.