Der Bericht kritisiert zum einen die Intransparenz von Nestlé. «Es lief schlecht», sagte Kommissionsberichterstatter Alexandre Ouizille zu den Anhörungen der Firmenspitze gegenüber Medien. Er sprach am Montag vom «Verweigern von Antworten» seitens der Unternehmensführung.
Zum anderen kritisiert der Bericht auch das Verhalten des Staates gegenüber Behörden und Öffentlichkeit. Fast vier Jahre nach den ersten Enthüllungen gebe es noch immer keine vollständige Aufklärung. Der Ausschuss war im November 2024 eingesetzt worden, nachdem Recherchen mehrerer Medien illegale Wasserbehandlungen aufgedeckt hatten.
Die Geschichte zieht sich seit Jahren hin. Nestlé räumte während der Untersuchung ein, Ende 2020 festgestellt zu haben, dass an den Standorten von Perrier, Hépar und Contrex verbotene Verfahren eingesetzt wurden. Mitte 2021 wandte sich das Unternehmen an die Regierung und den Präsidenten.
Keine juristische Konsequenzen
18 Monate später genehmigten die Behörden einen Plan, bei dem die verbotenen Methoden durch eine umstrittene Mikrofiltration ersetzt wurden. Diese könne laut Experten jedoch die Eigenschaften natürlichen Mineralwassers verändern - was laut EU-Recht nicht zulässig ist.
Trotz des offensichtlichen Betrugs an Konsumentinnen und Konsumenten sei es nicht zu juristischen Konsequenzen gekommen, so der Bericht. Kritisiert wird auch das Machtverhältnis zwischen Staat und Industrie: Nestlé habe die Genehmigung der Mikrofiltration zur Bedingung für das Ende illegaler Praktiken gemacht - letztlich habe der Staat auf höchster Ebene zugestimmt.
Der Bericht stellt fest, dass der Elysée-Palast eng in den Fall eingebunden war und bereits seit 2022 über die unzulässigen Methoden informiert gewesen sei. Alexis Kohler, Generalsekretär des Präsidenten, empfing Nestlé-Vertreter persönlich. Präsident Emmanuel Macron wies im Februar jegliche Kenntnis von sich.
Nestlé konnte das Wasser weiter unter der profitablen Bezeichnung «Natürliches Mineralwasser» vermarkten. Bis heute fehle eine flächendeckende Kontrolle an allen Produktionsstandorten, so der Bericht. Von insgesamt 28 Empfehlungen hebt die Kommission insbesondere die bessere Kontrolle der Wasserentnahmen, eine umfassende Qualitätsüberwachung der Grundwasservorkommen und eine verbesserte Kennzeichnung hervor.
Nestlé bedauert und übt Kritik an gewissen Senat-Aussagen
Nestlé nimmt die Ergebnisse des Senatsberichts «zur Kenntnis», wie das Unternehmen in einer Stellungnahme festhielt. Der Konzern betonte dabei die Notwendigkeit klarer, einheitlicher Regeln für die Branche.
Gleichzeitig kritisierte das Unternehmen die im Umfeld der Untersuchung geäusserten, teils «diffamierenden» Vorwürfe gegen Vertreter und Mitarbeitende. Man bekräftige das Bedauern über frühere, inzwischen eingestellte, regelwidrige Praktiken und versichere, weiterhin vollumfänglich mit der Justiz zusammenzuarbeiten.
Zugleich verwies Nestlé auf die von staatlichen Stellen und der Kommission bestätigte Sicherheit der Produkte und warnte vor politischen Aussagen, die Unsicherheit schürten. Die Kontakte zu Behörden sind laut Unternehmen stets regelkonform und transparent erfolgt. Nestlé betonte zudem ein langfristiges Engagement zum Schutz der Wasserressourcen, das auch im Bericht hervorgehoben worden sei.
Perrier unter Beobachtung
Aktuell steht die Marke Perrier unter Beobachtung: Die Genehmigung zur Nutzung der Quelle als «Natürliches Mineralwasser» steht infrage. Von staatlich beauftragten Hydrogeologen kam bereits ein negatives Urteil. Die zuständige Präfektur will bis zum 7. August entscheiden und forderte Nestlé auf, die Mikrofiltration binnen zwei Monaten zu stoppen. Diese verändere laut Behörden das mikrobielle Profil des Wassers - ein Verstoss gegen geltende Vorschriften. Nestlé kündigte an, alternative Lösungen vorzuschlagen.
Der französische Markt für Mineral- und Quellwasser umfasst rund 104 Standorte, 11'000 Arbeitsplätze und 3 Milliarden Euro Umsatz im Jahr. Ein Regierungsbericht hatte bereits 2022 ergeben, dass rund 30 Prozent der Wassermarken unzulässige Behandlungen nutzen.
Nestlé-CEO äusserte Bedauern
Im März hatte sich Nestlé-CEO Laurent Freixe vor dem Senat rechtfertigen müssen. Er hatte vor dem Ausschuss sein Bedauern geäussert. «Im Namen des Nestlé-Konzerns möchte ich nochmals mein tiefstes Bedauern über diese Situation in der Vergangenheit zum Ausdruck bringen, die nicht im Einklang mit den Werten unseres Konzerns stand», sagte er. Nestlé Waters habe alles getan, um den beanstandeten Praktiken ein Ende zu setzen.
Laut jüngsten Medienberichten prüft der Konzern nun den Verkauf seiner Wassersparte. Der Konzern selber hatte im November 2024 eine Überprüfung der Strategie für das Wassergeschäft, einschliesslich Partnerschaften, angekündigt.
(AWP)