Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico meldete am Donnerstag Widerstand gegen das geplante 18. EU-Sanktionspaket gegen Russland an. Sein Land könne so lange nicht zustimmen, bis die slowakischen Bedenken hinsichtlich der Gasversorgung nach 2027 ausgeräumt seien. Die Slowakei bezieht immer noch Gas aus Russland. Ungarns Regierungschef Viktor Orban wiederum sprach sich erneut gegen eine EU-Mitgliedschaft der Ukraine aus.
Fico, der in Brüssel auch mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zusammentraf, kündigte an, sein Land werde eine Verschiebung der geplanten Abstimmung fordern. Die im Sanktionspaket vorgesehene Beendigung russischer Gasimporte ab 2028 stelle eine Gefahr für die Versorgungssicherheit der Slowakei dar. Zudem drohten Preiserhöhungen. Fico warnte auch vor finanziellen Strafen durch Schiedsverfahren, falls langfristige Verträge mit dem russischen Lieferanten Gazprom gebrochen würden.
Beim EU-Gipfeltreffen in Brüssel wollen die 27 Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsstaaten eigentlich das 18. Sanktionspaket gegen Russland beschliessen. Der polnische Europaminister Adam Szlapka sagte am Rande des EU-Gipfels, er hoffe, dass die Slowakei und Ungarn wie in der Vergangenheit mit an Bord geholt werden könnten. «Wie bei den vorherigen Sanktionspaketen bin ich hier optimistisch.» Polen hat noch bis Ende Juni die halbjährige EU-Präsidentschaft inne. Der finnische Ministerpräsident Petteri Orpo sagte vor dem Gipfel, dass man Ungarn und die Slowakei an Bord holen müsse.
Sanktionsvorschläge erfordern für ihre Verabschiedung Einstimmigkeit in der Union. Ungarn hat während der Diskussionen über die Hilfe für die Ukraine sowie über die alle sechs Monate stattfindenden Sanktionsverlängerungen häufig damit gedroht, seine Zustimmung zu verweigern - am Ende aber immer zugestimmt.
Ungarns Regierungschef Orban sagte, er sehe eine ukrainische EU-Mitgliedschaft weiter skeptisch. Zuvor hatte Orban der Ukraine empfohlen, das Land solle seine Pufferrolle zwischen Ost und West akzeptieren. Die EU hat aber bereits die Einladung für einen Beitrittsprozess ausgesprochen.
Die EU-Staats- und Regierungschefs sprachen am Donnerstagmittag darüber, wie die Verteidigungsfähigkeit der EU verbessert und die Zusammenarbeit der Rüstungsindustrien ausgebaut werden kann. Etliche südliche EU-Länder hätten darauf verwiesen, dass sie erhebliche Probleme mit einer höheren Neuverschuldung hätten, hiess es in Teilnehmerkreisen. Spaniens Regierungschef Pedro Sanchez hatte schon auf dem Nato-Gipfel am Mittwoch argumentiert, dass er das Kernausgabenziel von 3,5 Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung für zu hoch halte. Sein Land könne die Nato-Anforderungen auch mit 2,1 Prozent erfüllen. Etliche nordeuropäische EU-Regierungschefs hätten dagegen mit Blick auf die Bedrohung durch Russland auf die Notwendigkeit einer verstärkten Rüstungsanstrengung hingewiesen. In dem am Mittwoch von der Nato beschlossenen Ausgabenziel von fünf Prozent des BIP sind auch Ausgaben für andere sicherheitsrelevante Bereiche wie etwa militärisch nutzbare Infrastruktur enthalten.
Am Morgen hatte Kanzler Friedrich Merz auf seinem ersten EU-Gipfel auch an einem informellen Treffen von Mitgliedsländern teilgenommen, die eine härtere Migrationspolitik befürworten. Am Nachmittag soll über die Notwendigkeit einer verbesserten Wettbewerbsfähigkeit der EU sowie den Zollstreit mit den USA gesprochen werden, beim Abendessen dann über die internationalen Krisen.
(Reuters)