Knapp sechs Wochen dauert das Börsen-Leben von Snapchat. Snap, der Konzern hinter der Smartphone-Anwendung zur fotobasierten Kommunikation, wagte am 2. März den Gang an die Börse in New York. Mit einem Volumen von 3,4 Milliarden Dollar war es der grösste Börsengang eines amerikanischen Technologie-Unternehmens seit Facebook. Ähnlich gross wie beim sozialen Netzwerk von Mark Zuckerberg war auch die Aufregung unter Investoren.

Doch vom Snap-Hype ist wenig übriggeblieben. In den ersten Tagen nach dem IPO stürzte die Snap-Aktie von ursprünglich 24,50 Dollar auf 19 Dollar ab. Seither hat sich der Aktienkurs in dieser Region eingependelt, wie der folgende Chart zeigt.

Verlauf der Snap-Aktie seit dem IPO am 2. März 2017, Quelle: cash.ch

Offenbar setzt sich auch am Markt die Erkenntnis durch, dass die Aussichten weniger rosig sind als angenommen. Denn die operative Zukunft ist alles andere als erfolgsversprechend: Snap, vom Alter her noch ein Startup, macht keinen Gewinn. Im Gegenteil: In der Vergangenheit wurde etwa eine Milliarde Dollar pro Jahr für den laufenden Betrieb verbrannt. 2016 verlor der Konzern von CEO Evan Spiegel 515 Millionen Dollar.

Der Messaging-Dienst verdient vor allem mit Werbung Geld. Doch die Anzahl User, welche die App Snapchat benutzt, hat sich jüngst verlangsamt. Und davon hängen die Werbeeinnahmen ab. Laut den Marktforschern von eMarketer kann Snap in diesem Jahr mit Werbeumsätzen in der Höhe von 770 Millionen Dollar rechnen – 30 Millionen weniger als ursprünglich erwartet.

Snap muss den Werbekuchen mit mächtigen Konkurrenten teilen. Facebook und Google sind die berühmtesten Nebenbuhler im rund 83 Milliarden Dollar grossen digitalen Werbemarkt. Ihr Anteil dürfte auf 20 (Facebook) respektive 41 Prozent (Google) steigen, während Snap laut eMarketer auf knapp 1 Prozent kommen wird.

Doch die Hoffnung der Investoren spricht eine andere Sprache. Beim aktuellen Aktienkurs ist Snap rund 24 Milliarden Dollar wert. In der Schweiz entspricht das etwa der Marktkapitalisierung von Schindler oder Swisscom. Mit dem Unterschied, dass die beiden Schweizer Firmen im laufenden Jahr wohl Gewinne zwischen 800 Millionen und 1,6 Milliarden machen werden.

Für Stirnrunzeln sorgt vielerorts auch der Umstand, dass die Firmengründer Evan Spiegel und Bobby Murphy zusammen fast 90 Prozent der Stimmrechte besitzen und ohne die beiden keine Entscheidung gefällt werden kann.

Beliebt wurde Snapchat vor allem beim jüngeren Publikum: Fotos und Nachrichten werden mit lustigen Filtern verändert und verschwinden kurz nach dem Ansehen wieder. Neben der App wurde zudem eine Brille mit eingebauter Kamera auf den Markt gebracht, die an bestimmten Standorten gekauft werden kann. Snap verstehe sich als "Kamera-Firma", tönte es kürzlich.

Starke Nerven notwendig

Während früher vor allem Text-Mitteilungen verschickt wurden, soll die Zukunft der digitalen Kommunikation Fotos und vor allem Videos gehören. Genau deshalb wird Snap von vielen Beobachtern gelobt und gegenüber "textlastigeren" Medien wie Twitter bevorzugt.

Doch auch in diesem Bereich schläft die Konkurrenz nicht. Facebook zum Beispiel rückt die Kamera-Funktion immer stärker in den Vordergrund. Dennoch bleibt Snap eine Firma, bei der Aktionäre nicht mitreden können und die hohe Verluste schreibt: definitiv nur etwas für hartgesottene Börsianer.