Andréa Mächler wird am Donnerstagabend wohl einen ihrer letzten öffentlichen Auftritte als Mitglied des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank (SNB) haben. Ende Juni wird sie dann stellvertretende Chefin bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel.

Die Nationalbank steht vor der nicht gerade kleinen Herausforderung, eine geeignete Nachfolgerin oder Nachfolger zu finden. Diese Person muss über Glaubwürdigkeit sowie die Fähigkeit verfügen, aktiv im dreiköpfigen Gremium an der Geldpolitik mitzuarbeiten und wohl auch eine tragende Rolle nach der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS auf der Seite der SNB einzunehmen. Zudem sollten auch die Landessprachen im Direktorium repräsentiert sein. Die beiden Mitglieder Thomas Jordan und Martin Schlegel sind deutschsprachig. Idealerweise sollte es eine Frau aus der welschen oder italienischen Schweiz den Posten besetzen. 

"Eine Nachfolgerin oder Nachfolger für Mächler zu finden, wird nicht so einfach“, sagt Karsten Junius, Chefökonom der Zürcher Bank J. Safra Sarasin, zu Bloomberg und verwies auf die Schwierigkeit, einen "erstklassigen“ Ökonomen zu finden, der eine sprachliche und geschlechtliche Durchmischung im Führungsgremium der SNB garantiert. 

Mächler ist in der Westschweiz aufgewachsen und war bei der Wahl das erste weibliche Gremiumsmitglied bei der SNB seit der Nationalbank-Gründung vor 117 Jahren. Nicht bloss eine Frau wäre ideal als Nachfolge. Ebenso könnte eine externe Kandidatin oder Kandidat die Kritik an der Dominanz des Präsidenten bei der SNB entschärfen. "Das Schlimmste wäre, wenn Thomas Jordan seine Macht durch die Ernennung eines derzeitigen Untergebenen weiter festigen würde", schrieb etwa der Genfer Politiker Michael Malquarti auf LinkedIn.

Auch eine eine Gruppe von Ökonomen namens SNB Observatory hat ähnliche Bedenken. Sie fordert, dass der oder die Nachfolger/in von Maechler nicht von der Nationalbank selber kommt. "Insider bieten Kontinuität und intime Kenntnisse der Bank, aber zu viele Insider schwächen die demokratische Legitimität", schrieb das "SNB Observatorium" als Reaktion auf den Abgang von Maechler in einer Mitteilung

Die Kandidaten-Liste ist vielfältig

Während die Uhr tickt, schiessen die Spekulationen hoch, wer Mächlers möglichen Nachfolger wird. Bloomberg hat eine potenzielle Liste von Kandidaten zusammengestellt: 

Attilio Zanetti: Der 53-jährige Attilio Zanetti ist seit mehr als zwei Jahrzehnten bei der SNB tätig und leitete die internationale Währungszusammenarbeit, bevor er letztes Jahr eines von vier stellvertretenden Vorstandsmitgliedern wurde. Zuvor verbrachte er einige Monate beim Internationalen Währungsfonds und der Federal Reserve of San Francisco und war Dozent an der Universität Basel. Zanetti ist in Bellinzona geboren und hat in seinen Uni-Abschluss gemacht.

Petra Gerlach: Petra Gerlach, 47, ist neben Mächler die einzige Frau an der erweiterten SNB-Spitze. Bevor sie stellvertretendes Direktoriumsmitglied wurde, war sie stellvertretende Leiterin des Wirtschaftsbereichs. Sie kam vor 19 Jahren zur Zentralbank, verbrachte jedoch fünf davon an der BIZ und in einer akademischen Funktion in Dublin. Gerlach wäre die Nummer 1 bei der internen Wahl punkto Frauen, obwohl das Deutsch als ihre Muttersprache wohl gegen sie spricht.

Rajna Gibson Brandon: Die Kandidatin ist Genfer Finanzprofessorin und ein französischsprachiges und ehemaliges Mitglied der Eidgenössischen Bankenkommission. Sie ist Mitglied des SNB-Bankrates, der für die Suche nach Mächlers Nachfolger/in zuständig ist, was sich eventuell als Hindernis für ihre Auswahl erweisen könnte.

Sabine D’Amelio-Favez: Eine Option ist Sabine D’Amelio-Favez, Direktorin der Eidgenössischen Finanzverwaltung. Sie hat sowohl französisch- als auch italienisch-schweizerische Wurzeln und bekleidet den Posten von Mächlers Vorgänger Fritz Zurbrügg, als er 2012 zur SNB kam.

Marlene Amstad: Die Leiterin der Finanzaufsicht Finma und selbst ehemalige SNB-Angestellte, sie könnte eine weitere Möglichkeit sein. Sie ist aber ebenfalls deutschsprachig.

Unter anderen Namen, die von Beobachtern weiters genannt werden, sind drei weitere Akademikerinnen: die Basler Makroökonomin Sarah Lein, die bereits sechs Jahre bei der Zentralbank tätig war. Luisa Lambertini, eine Finanzprofessorin aus Lausanne, die schweizerisch-italienische Doppelbürgerin ist und ein Berater der Europäischen Zentralbank war. Schliesslich wird auch Aymo Brunetti genannt, Wirtschaftsprofessor an der Universität Bern und ehemaliger Chefökonom der Bundesverwaltung.

Nicht auf der Liste von Bloomberg befindet sich Beatrice Weder di Mauro, schweizerisch-italienische Wirtschaftswissenschaftlerin und bis 2012 Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland. Sie wird bei Nachfolgebesetzungen ins Direktorium der SNB immer wieder als mögliche Kandidatin genannt. Weder di Mauro war zehn Jahre Verwaltungsratsmitglied der UBS.

(cash)