Ökonomen rechnen weithin damit, dass der Leitzins von derzeit 1,5 Prozent um mindestens einen Viertelprozentpunkt angehoben wird, obwohl die Inflation jetzt fast unter der 2-Prozent-Grenze liegt und nie die Höhen erreicht hat, die anderswo zu beobachten sind. Ein grösserer Schritt von einem halben Punkt ist von den Anlegern teilweise eingepreist worden.

Die Praxis der SNB, ihre Sitzungen im vierteljährlichen Rhythmus abzuhalten, hat zur Folge, dass ihre Geldpolitik der Europäischen Zentralbank und der Federal Reserve hinterherhinkt, da diese ihre Zinsentscheidungen doppelt so häufig treffen.

Die Schweizer Währungshüter unter der Leitung von Präsident Thomas Jordan haben die Zinsen seit Juni letzten Jahres nur um 225 Basispunkte erhöht, während die EZB 400 Basispunkte und die Fed 500 Basispunkte aufgeschlagen haben, seitdem sie anfingen die Zinsen zu erhöhen.

Neben dem Drang, zu den anderen Währungsgebieten aufzuschliessen, betonen die Währungshüter auch, dass die Schweiz in Sachen Inflation noch nicht ausser Gefahr ist, selbst wenn sich die Inflation auf 2,2 Prozent, die Kerninflation sogar auf 1,9 Prozent verlangsamt hat.

Droht ein grösserer Schritt?

"Jordan hat ganz klar gesagt: Der Inflationsdruck ist immer noch da", sagt Alessandro Bee, ein Volkswirt bei der UBS, der einen Anstieg um einen Viertelpunkt vorhersagt. "Ich wäre sehr überrascht, wenn sie nicht die Tür für eine weitere Zinserhöhung und weitere Devisenverkäufe offen lassen."

Ein grösserer Schritt von einem halben Punkt — mehr als die jüngsten Massnahmen der EZB - könnte die Anleger Bee zufolge hingegen verwirren. "Was ich mir eher vorstellen könnte, ist ein Schritt von 25 Basispunkten, aber mit verstärkten Devisenverkäufen, um die Geldpolitik ausreichend restriktiv zu gestalten und den Risiken eines sich ausbreitenden Preisdrucks entgegenzuwirken", meint er.

Andere Beobachter sind sich da nicht so sicher. Die Credit Suisse gehört zu den Banken, die mit einer Erhöhung um einen halben Punkt rechnen, ebenso die St. Galler Kantonalbank. Deren Volkswirt Patrick Häfeli geht davon aus, dass die SNB jetzt mehr tun will, bevor der globale Zinszyklus wieder umschlägt.

"Die SNB wird sich jetzt für einen grösseren Schritt entscheiden, um im Voraus zu kompensieren", sagte er. "Wir glauben, dass sich das Zeitfenster für Zinserhöhungen im Juli oder August schliessen wird, weil die EZB und die Fed dann am Ende ihrer Straffungszyklen angelangt sind."

(Bloomberg)