Ökonomen haben ihre Prognosen angepasst. Die Experten haben die Erwartung an einen weiteren Zinsschritt in den negativen Bereich durch die Schweizerische Nationalbank (SNB) weitgehend aufgegeben. Dies geht aus einer Bloomberg-Umfrage vom Montag hervor. Nur zwei Analysten – Barclays und Bloomberg Economics – erwarten, dass die SNB-Vertreter die Kreditkosten bei der geldpolitischen Sitzung am 11. Dezember um einen Viertelprozentpunkt auf -0,25 Prozent senken werden.

Capital Economics prognostiziert einen solchen Schritt für nächsten Juni. Die Ökonomen von Goldman Sachs und Pantheon Macroeconomics haben ihre Prognosen geändert und sehen nun Null als Endzinssatz, ebenso wie die übrigen 15 Analysten der monatlichen Umfrage von Bloomberg. 

Vor der Zinsentscheidung im September prognostizierten noch fünf Analysten, dass die Zinssätze unter Null fallen würden. In einer Rede betonte jüngst Martin Schlegel, Präsident des SNB-Direktoriums, dass es angesichts der damit verbundenen Folgen für das Finanzsystem für die SNB viel Aufwand bedeuten würde, die von 2015 bis 2022 geltende Minuszinspolitik wieder einzuführen. «Die Hürde, mit den Zinsen in den negativen Bereich zu gehen, liegt sicherlich höher als bei einer normalen Zinssenkung», so Schlegel weiter.

Einer, der Negativzinsen nicht ausschliesst, ist Thomas Rühl, Anlagechef der Schwyzer Kantonalbank. Aufgeschoben sei nicht aufgehoben, da der US-Zollhammer das Schweizer Wachstum bremse. Das dürfte die Inflation weiter dämpfen und das Risiko einer Deflation erhöhen. «Aus diesem Grund halten wir die Wahrscheinlichkeit für ein Comeback der Negativzinsen hoch.» Mit dem öffentlichen Einblick in den Entscheidungsprozess ziele die SNB vermutlich auf eine höhere Akzeptanz erneuter Negativzinsen ab, so der Ökonom der Schwyzer Kantonalbank.

Der Leitzins dürfte an seinem vorläufigen Tief angelangt zu sein, meint Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank und schiebt gar nach: «Mittelfristig dürften wieder Zinsanstiege und nicht etwa Leitzinsreduktion auf dem Programm stehen. Wie die Stimmungslage innerhalb des SNB-Direktoriums ist, wird ab dieser geldpolitischen Lagebeurteilung transparenter werden. Die SNB wird im Nachgang ihrer zweitägigen Sitzung eine Zusammenfassung ihrer geldpolitischen Diskussionen veröffentlichen.»

Zudem dürfte der starke Franken bei der Schweizerischen Nationalbank weiter für Kopfzerbrechen sorgen. Jean Dalbard von Bloomberg Economics geht davon aus, dass die Devisenmärkte die SNB letztlich noch zum Handeln zwingen könnten. «Die Auswirkungen eines starken Schweizer Frankens auf die Inlandspreise und die Wachstumsbeeinträchtigung durch höher als erwartete US-Zölle sind die Hauptrisiken für die SNB», meint der Bloomberg-Ökonom. Er erwartet deshalb, dass die SNB die Zinsen im Dezember senken wird, sofern die Währung stark bleibt.

(cash)