Im lichtdurchfluteten Eingangsbereich fallen zunächst Plastiken von Künstlern auf. Auch das hohe Atrium, durch das der Besucher sodann schreitet, erinnert an moderne Museen. "Kunst am Bau" zieht sich durch das gesamte Gebäude, das am Dienstag eröffnet wurde: Neun Installationen und Einzelkunstwerke, die für das Gebäude als Auftragsarbeiten gefertigt wurden, zieren alle Stockwerke.

Der Einsatz von so viel Kunst hat einen Grund, wie Verwaltungsratspräsident und Kunstförderer Walter Kielholz zur Eröffnung sagte: "Architektur und Kunst dienen bei uns dazu, uns mit dem Unternehmen zu identifizieren." Ansonsten wären das Merkmal des weltumspannenden Rückversicherers mathematische Formeln zur Risikoberechnung. Das kulturelle Engagement ist auch nicht neu. Die Swiss Re hatte 2004 mit der berühmten Gurke, dem "Gherkin" in der City of London, definitiv Architekturgeschichte geschrieben.

Sgraffito der Künstlerin Kerstin Brätsch in einem der Atrien, nach der selben Technik gestaltet wie Fassadenverzierungen an Engadiner Häusern (Bild: cash)

Der Bau hat überirdisch sechs Stockwerke und geht zudem drei Etagen in die Tiefe. Neben Grossraumbüros und Sitzungszimmern verfügt es auch über ein Auditorium. Zum See und zur Rückseite hin bestehen begehbare Aussenbereiche. Über die Kosten des Baus spricht man bei der Swiss Re nicht so gerne: Das Gebäude selbst soll 220 Millionen Franken gekostet haben, aber dies schliesst nicht die Kosten für den Abriss des Vorgängerbaus und andere Ausgaben ein.

Der äusserlich nicht unumstrittene Neubau in Zürich wird mit seiner in der Sonne gleissenden Glasfassade die Berühmtheit des bahnbrechenden Gherkin in London wohl nicht erreichen. Wer das eher nüchterne Äussere betrachtet hat, ist beim anschliessenden Anblick der grosszügigen Innenräume allerdings ziemlich überrascht. Mit der Innenraumgestaltung bricht der Bau, der vom Basler Architekturbüro Diener&Diener geplant wurde, dazu ziemlich radikal mit althergebrachten Vorstellungen von Büros und Arbeitswelt. Gemeint ist der Abscheid von der Tradition fixer Arbeitsplätze, was sich andernorts allerdings nicht überall durchgesetzt hat.

Eingangshalle des neuen Bürogebäudes «Swiss Re Next» am Zürcher Mythenquai. Die geknickten Stahlträger sind Teil einer Kunstinstallation (Bild: cash)

Jeder der 1100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die das Gebäude fassen wird, soll sich den Raum suchen, der zur gerade wahrgenommenen Tätigkeit passt. Arbeitsabläufe sollen dadurch spontaner und die Kommunikation intensiver werden.

Der Einzug ins neue Gebäude hat vergangene Woche begonnen. Die Planer nennen ihr Konzept "inspirierend": Auch Mitglieder der Geschäftsleitung werden bei der Swiss Re keine eigenen Büros mehr haben und wählen sich ihre Arbeitsplätze immer wieder neu. Um das Gefühl von Verbundenheit und Begegnungen zu schaffen, verbindet eine grosse Treppe alle Stockwerke, auf denen gearbeitet wird. Zumindest in der Theorie soll die Zentrale des zweitgrössten Rückversicherers der Welt also künftig ganz anders arbeiten als bisher.

Was auch auffällt: Der Weltkonzern Swiss Re ist es gewohnt, nur das Beste vom Besten zu verwenden. Die Materialen von Möbeln, Applikationen und Raumverkleidungen wirken extrem hochwertig. Die Kaffeeräume für die Mitarbeiter sehen aus wie die Bars von durchdesignten Hotelneubauten oder die Lounges topmoderner Flughäfen irgendwo in der Welt. Die Swiss Re betont überdies, dass wo immer möglich Recycling-Materialen verwendet wurden, darunter 50 Prozent des eingesetzten Betons.

Kaffeebar für die Mitarbeiter (Bild: cash)

Mit Ausnahme der Notstromaggregate wird im Gebäude kein fossiler Brennstoff verwendet. Der Energieverbrauch pro Arbeitsplatz soll um 80 Prozent unter dem liegen, was im Vorgängerbau aus den 1970er Jahren der Fall war. Für viel Aufsehen sorgte schon in der Bauphase auch die Verwendung von Wasser aus dem Zürichsee, mit dem das Gebäude sowohl geheizt als auch gekühlt wird. 

Wer das Gebäude selbst kennenlernen will, hat dazu auch - zu einem gewissen Grad - die Gelegenheit: Der Eingangsbereich und die Durchgänge zu einigen der Atrien sind von der Strasse her zugänglich. Die Swiss Re will zumindest am Eingang auf Sicherheitskontrollen verzichten, was dem "offenen Charakter" des Neubaus Rechnung tragen soll.

Die Fassade mit ihren gewellten Glaselementen löste ein geteiltes Echo unter Architekturkritikern aus. Architekt Roger Diener beschreibt es als ein Bau, der mit der Natur verschmelzen soll, etwa in Bezug auf das Sonnenlicht (Bild: Swiss Re).