Es sind gute Nachrichten für eine gebeutelte Branche: Noch nie wuchs der globale Solarstrom-Markt so stark wie 2015. Im vergangenen Jahr wurden weltweit Solarstrom-Anlagen mit einer Leistung von 50 Gigawatt (GW) neu installiert (Vorjahr: 40 GW). Solarstrom trägt inzwischen zu 1,3 Prozent des globalen Strombedarfs bei, in Europa zu knapp 4 Prozent, wie die Internationale Energieagentur kürzlich mitteilte.

Gebeutelt wurden in den letzten Jahren etliche im Solarmarkt tätige Firmen. Da die Industrie vielerorts subventioniert wurde und immer noch wird, überstieg das Angebot schnell die Nachfrage. Von China her kommend wurde der Markt mit unvergleichlich günstigen Solarzellen und -panelen überschwemmt.

Viele Firmen machten heftige Verluste, manche gingen pleite. Die EU vereinbarte 2013 mit China gar Mindestpreise und für den Fall von Verstössen Strafzölle. Sie sollten die angeschlagene europäische Solarindustrie gegen die deutlich preiswertere chinesische Konkurrenz schützen.

Eindrücklicher Umschwung

Mittlerweile ist die Konsolidierung der Branche weiter fortgeschritten und einzelne Player schreiben wieder Gewinne. Eindrückliches Beispiel eines Turnaround ist der deutsche Solartechnikkonzern SMA Solar. Der wegen des Preisdrucks und der mässigen Geschäfte in Deutschland ins Wanken geratene Branchenriese hatte ein Sparprogramm mit massiven Stellenstreichungen aufgegleist und kehrte 2015 in die Gewinnzone zurück.

Die Börse reagierte euphorisch. 2015 legte die SMA-Aktie mehr als 400 Prozent zu. Derzeit macht der Titel eine Verschnaufpause, im laufenden Jahr hat er rund 9 Prozent verloren. Weitere internationale Solar-Aktien, die in den letzten Monaten einen zweiten Frühling erlebten, sind Phoenix Solar, Jinko Solar oder JA Solar.

Unterschiedliche Aussichten in der Schweiz

Auch in der Schweiz gibt es eine Reihe börsenkotierter Unternehmen, die im Solarmarkt tätig sind. Dazu gehören Meyer Burger, ABB, Huber+Suhner. Andere wie Komax haben die Solarsparte verkauft. Gerade das Beispiel des Thuner Solarzulieferers Meyer Burger veranschaulicht Aufstieg und Niedergang der Solarindustrie. Ihr Hoch erlebte die Aktie im April 2011. Kurz nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima kletterte sie auf über 36 Franken. Dann folgte der grosse Absturz bis auf aktuell unter vier Franken (aktuell 3,74 Franken). Etwas Aufwind erhielt die Aktie unlängst, als Meyer Burger einen Grossauftrag aus Asien vermelden konnte.

Folgt nun der nächste Aufstieg von Meyer Burger? "Die Krise ist noch nicht ausgestanden", titelten die Analysten der Zürcher Kantonalbank (ZKB) in einer kürzlich erschienenen Unternehmensstudie. Immerhin erkennen die ZKB-Experten einen inneren Wert des Titels von fünf Franken. Dasselbe Kursziel vertritt auch die Privatbank Vontobel – ein Aufwärtspotenzial von 35 Prozent.

Verlauf der Meyer-Burger-Aktie seit November 2006, Quelle: cash.ch

Besser läuft es derzeit beim Industrieriesen ABB. Mit einem Plus von 14 Prozent im laufenden Jahr schlägt die Aktie sämtliche anderen Unternehmen des Swiss Market Index (SMI). ABB ist seit mehr als 20 Jahren im Solarstrom-Geschäft tätig und bietet Produkte für die gesamte Wertschöpfungskette an.

Wachstumschancen sieht der Konzern zum Beispiel in Indien. Das Land plant, seine Solarstrom-Kapazitäten in nur sechs Jahren von aktuell gut 5 auf 100 Gigawatt auszubauen. Zwar ist mit dem Bau von Solarkraftwerken auf dem Subkontinent immer weniger Geld zu verdienen, denn der von der Regierung festgelegte Preis pro eingespeister Kilowattstunde hat sich im Durchschnitt in den vergangenen zwei Jahren mehr als halbiert.

Doch ABB-CEO Ulrich Spiesshofer sagte kürzlich: "Mehr Wettbewerb bei den Preisen bedeutet, dass schneller Kapazität aufgebaut wird". Für europäische Unternehmen liege die Chance deshalb vor allem darin, sich bei der Verteilung und Steuerung des Solarstroms zu positionieren, nicht bei dessen Erzeugung.

Ebenfalls zu den Schweizer Gewinner-Aktien im Solar-Bereich gehört Edisun Power. Sie hat in den letzten 52 Wochen 37 Prozent an Wert zugelegt. Seit Anfang Jahr sind es immerhin knapp 10 Prozent. Der Solarstrom-Produzent hat im vergangenen Jahr zum zweiten Mal in Folge einen Gewinn erzielt. 2014 hatte das Unternehmen erstmals seit dem Börsengang im Jahr 2008 schwarze Zahlen geschrieben. Edisun Power besitzt 34 Solarstromanlagen in der Schweiz, in Deutschland, Spanien und Frankreich.

Bringen Schwellenländer die Wende?

Am schnellsten wächst die Verbreitung von Solaranlagen in Japan, den USA und China. In der Schweiz lag der letztjährige Zuwachs etwa gleich hoch wie im Vorjahr. Wie die britische Zeitschrift "The Economist" berichtete, wurde 2015 in Entwicklungsländern erstmals mehr Geld in Solaranlagen investiert als in den Industrienationen. Das habe auch damit zu tun, dass die Herstellungskosten von Solarpanels deutlich gesunken sind – in den letzten fünf Jahren um 80 Prozent.

Gut möglich also, dass die Zukunft der Sonnenenergie in ärmeren – und meistens wärmeren – Gebieten liegt. Dass dabei Betriebe auf der Strecke bleiben, dürfte in dieser Branche weiterhin öfters vorkommen. So wie der US-Konzern SunEdison, der als einer der grössten Player auf dem Solarmarkt Insolvenz anmelden musste.

Anleger brauchen auf jeden Fall nach wie vor eine Menge Stressresistenz und Optimismus, wenn sie in Solar-Aktien investieren. Oder, um es mit den Worten des Schweizer Abenteurers Bertrand Piccard zu sagen: "Wer grosse Visionen verfolgt, lebt mit der Gefahr des Scheiterns." Piccard versucht derzeit in Zusammenarbeit mit ABB in einem Solar-Flugzeug die Erde zu umrunden.