Die Aktien von Givaudan kennen seit Wochen nur eine Richtung: Nach oben. Das derzeitige Niveau von rund 4100 Franken erreichten die Aktien zuletzt Ende Oktober 2024. Angetrieben wurden die Titel vor allem von positiven Ergebnissen im ersten Quartal. So hat der Aromen- und Duftstoffhersteller seinen Umsatz um 8,5 Prozent gesteigert und bewegt sich weiterhin klar über der mittelfristig angepeilten Bandbreite von 4 bis 5 Prozent. Das Wachstum sei über die Produktsegmente und Regionen hinweg breit abgestützt gewesen, hiess es am 10. April.

Langweilige Robustheit

Aus den Quartalszahlen filtert sich aber noch ein wichtiger Treiber hervor: die Widerstandsfähigkeit des Unternehmens auch in turbulenten Zeiten. Dies wird auch vom Finanzunternehmen Arvy betont, das Givaudan als «die solideste Schweizer Aktie» betitelt. Für die Experten ist Givaudan ein «im positiven Sinne langweiliges, qualitativ hochwertiges Unternehmen», das nun mit einer fairen Bewertung erscheine und trotz Unsicherheiten brilliere. 

Die faire Bewertung bezieht sich auf das frühere Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 38, mit einer Cashflow-Rendite von nur 2,5 Prozent, was lange Zeit als «zu teuer» galt.  Inzwischen hat sich diese Bewertung etwas normalisiert: Das KGV liegt bei 30. Die Aktie ist inzwischen nicht mehr so teuer wie früher und bewegt sich wieder an eine «fundamental gerechtfertigte Bewertung». Dies kann insbesondere für langfristig orientierte Anleger, die sich auf solide Fundamentaldaten berufen, eine interessantere Ausgangslage sein.

Der entscheidende Faktor für die Robustheit: Die Produkte seien die unsichtbaren Begleiter, die in fast jedem Winkel unseres täglichen Lebens zu finden seien. Die Experten loben die Vielfalt des Produktportfolios, die zu einem stabilen Umsatz führe, was wiederum in einem beständigen Wachstum, starken Cashflows und vorhersehbare Erträge resultiere.

Dadurch, dass Givaudan im Verbrauchsgüterbereich tätig sei, kommen Kunden immer wieder zurück. Ausserdem kontrolliere der Konzern zusammen mit International Flavors & Fragrances (IFF), Symrise und DSM-Firmenich über 60 Prozent des Weltmarktes. Der zuständige Experte zeigt ausserdem auf: Seit dem Spin-Off 2000 hat Givaudan die Performance von Roche um 1104 Prozent übertroffen.

Performancevergleich Givaudan und Roche seit dem Jahr 2000.

Performancevergleich Givaudan (violett) und Roche (orange) seit dem Jahr 2000.

Quelle: Tradingview

Stabile Dividende

Wo die Meinungen auseinandergehen, ist die Dividende von Givaudan. Während Analysten nach den Jahreszahlen das Dividendenwachstum bemängelten, lobt Arvy dieses. So soll für 2024 eine 3 Prozent höhere Dividende von 70 Franken je Aktie ausgeschüttet werden, während der Gewinn pro Aktie um 22 Prozent auf 118 Franken gestiegen ist.

Dennoch erfolgt zum 24. Mal, also seit Givaudan von Roche abgespalten wurde, eine Erhöhung. Nur noch ein weiteres Jahr, und Givaudan gilt als Dividenden-Aristokrat. Dieser Titel wird nur vergeben, sofern Unternehmen ihre Dividende 25 Jahre in Folge erhöht haben. Auch die Dividendenrendite von rund 1,7 Prozent ist im Kontext des Unternehmens und seiner Branche als solide zu bewerten. 

Zukunft mit Hürden

Trotz aller Robustheit ist auch Givaudan nicht immun gegenüber externen Einflüssen. So ist der Konzern von potenziellen Zöllen betroffen und rechnet aufgrund der importierten Inhaltsstoffe mit höheren Kosten, die an Kunden weitergegeben werden sollen. Ebenfalls sorgt die Erwartung höherer Rohstoffpreise für Unsicherheit. Für 2025 wird ein Anstieg der Inputkosten von rund 4 Prozent erwartet, bestätigte eine Sprecherin gegenüber der Nachrichtenagentur AWP im Januar. Die Situation bleibe aber weiterhin sehr fluide, und man werde die Auswirkungen laufend evaluieren. 

Der zuständige Analyst von Barclays betont, dass die Luxusparfümerie zwar weiterhin ein Wachstumsmotor für Givaudan sei, zugleich jedoch der Bereich, der im aktuellen makroökonomischen Umfeld am stärksten unter Druck geraten könnte. Er bewertet die Titel mit «Underweight» und veranschlagt das Kursziel bei 3750 Franken. 

Damit liegt er unter dem durchschnittlichen Kursziel von 4126 Franken, welches nur noch 5 Franken vom derzeitigen Kursniveau entfernt ist. Die Mehrheit der 25 bei Bloomberg erfassten Analysten sieht jedoch noch mehr Potenzial. Die Höchstmarke liegt bei 4900 Franken - also 19 Prozent Aufwärtspotenzial, ausgesprochen von der Bank Vontobel. Der Analyst Arben Hasanaj betitelte Givaudan gar als «die neue L'Oréal». Die zwei Marktführer in ihrer jeweiligen Branche ähneln sich hinsichtlich der finanziellen Performance auf verblüffende Weise, begründet der Analyst.

So empfehlen elf die Aktien zum Kauf, neun würden die Titel halten und fünf schliessen sich der Empfehlung von Barclays an. 

Nicht vergessen dürfen Anleger, dass auch Givaudan nicht immun ist gegen längere Schwächephasen an den Börsen. So fiel die Aktie vom Rekordstand von rund 4800 Franken Ende 2021 bis auf rund 2700 Franken im März 2023. Die Baisse dauerte fast zwei Jahre. Erst seit Oktober 2023 steigt die Aktie wieder. Givaudan hatte vor allem im Geschäftsjahr 2023 mit einem schwierigen Umfeld zu kämpfen. Die Inputkosten stiegen nochmals deutlich an, die Volumen waren rückläufig und vor allem belastete der starke Franken die Umsatzentwicklung.

Die Bill & Melinda Gates Foundation von Microsoft-Gründer Bill Gates ist mit rund 12 Prozent seit Jahren die grösste Aktionärin von Givaudan.

Aisha Gutknecht arbeitet seit Juli 2024 als Redaktorin für cash.ch.
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